Es sei das Testament
Papst Johannes XXIII.: So wird allgemein seine Enzyklika Pacem in Terris beschrieben,
die er vor fast 50 Jahren veröffentlichte. Damals hatte er das Konzil bereits zusammengerufen,
der Papst hatte hinter den Kulissen der Kubakrise zu vermitteln versucht und er hatte
auch schon erfahren, dass er unheilbar erkrankt war. Pacem in Terris wurde seine letzte
Enzyklika. Die Päpstliche Akademie für Sozialwissenschaften beschäftigt sich in
diesen Tagen in Rom mit der Friedensenzyklika. Dabei soll es vor allem darum gehen,
wie aktuell die Gedanken für heute sind. Einer der Vortragenden ist der Münchner Erzbischof
Kardinal Reinhard Marx. Die Konstellation von Kaltem Krieg habe sich geändert, so
Marx.
„Aber die Grundthemen, die der Papst anspricht sind weiterhin aktuell
und müssen weiter ausgebaut werden, wie zum Beispiel finden wir eine Friedensordnung
auf internationaler, auf globaler Ebene. Dies wird das Thema des 21. Jahrhunderts
sein. Er hat zum ersten Mal im Grunde systematisch darüber nachgedacht, was ist überhaupt
ein „Weltgemeinwohl“, wie kann man das organisieren, was bedeutet das. Benedikt XVI.
hat das in seinem „caritas in veritate“ auch aufgegriffen. Manchmal wird das belächelt
oder kritisiert, aber im Grunde gibt es dazu keine Alternative. Es geht jetzt darum,
das konkret aufzubauen. Und ich möchte heute auch noch einmal darauf hinweisen, dass
auch die Europäische Union in dieser Linie ein Beispiel dafür ist, wie man supranationale
Gebilde subsidiär an einem gemeinsamen Gemeinwohl orientiert aufbauen kann. Ich glaube
dafür ist Pacen in Terris weiterhin ein ganz wichtiger Impuls.“
Sie selber
werden über den Beitrag Europas für den Frieden sprechen. Wenn man zum Beispiel heute
auf die Ukraine schaut stellt sich die Frage, ob wir in Europa schon friedensbereit
sind.
„Auf keinen Fall! Wir haben auch Kriege in den 90er Jahren auf dem
Balkan gehabt, das war eine schreckliche Erfahrung für uns alle, dass es überhaupt
in Europa wieder so etwas geben könnte. Aber ich möchte besonders natürlich auf die
Europäische Union eingehen, die ja in einer schweren Krise ist, auch durch die Schuldensituation
vieler Länder, durch den überbordenen Finanzkapitalismus seit den 90er Jahren, der
das alles mit verursacht hat. Wir müssen uns neu besinnen auf das was Europa beziehungsweise
die Europäische Union sein wollte. Ich glaube, dass Jean Monnet, der große Gründervater
Europas, das eigentlich in einer ganz einfachen und schlichten Weise so formuliert
hat: Europa soll ein Beitrag sein für eine bessere Welt. Dazu gehört zunächst einmal,
dass wir selber in Europa unsere Strukturen, Institutionen so aufbauen, dass sie zukunftsfähig
sind. Und das ist glaub ich gerade jetzt eine entscheidende Phase. Und dann Europa
natürlich ein Beitrag leisten für die Welt und deutlich machen, dass es funktioniert.
Man kann so etwas aufbauen, man kann subsidiär miteinander umgehen, man kann nationale
Eigenarten achten und trotzdem gemeinsam etwas aufbauen. Das ist etwas ganz entscheidendes
auch für die gesamte Welt, ob Europa das in dieser Krisensituation schafft, ob Europa
zukunftsfähig wird.“
Was erhoffen Sie sich von dieser Tagung?
„Ich
erhoffe mir, dass wirklich hier ein intellektueller Austausch stattfindet, dass hier
noch einmal deutlich wird, dass gerade die globale Organisation des Gemeinwohls, so
will ich es mal formulieren, eine entscheidende Aufgabe, auch der Kirche ist. Deswegen
sind wir auch hier im Vatikan versammelt, das die Kirche einen Beitrag dazu zu leisten
hat und nicht nur national eng in Eigeninteressen uns verlieren, sondern eine große
Vision von einem Weltgemeinwohl haben.“