2012-04-26 13:34:30

Rom: Studieren auf dem Aventin - seit bald 125 Jahren


RealAudioMP3 Rom ist der Ort schlechthin, um Theologie zu studieren. In keiner anderen Stadt auf der Welt ist das theologische Angebot so vielfältig wie in Rom: Neun päpstliche Hochschulen gibt es hier, eine davon stellen wir Ihnen heute näher vor, und zwar Sant´Anselmo, die Benediktiner-Universität auf dem malerischen Aventin-Hügel. Vergangenen Samstag – dem Gedenktag Anselm von Canterburys – wurde dort ein Buch über die päpstliche Hochschule von den Anfängen bis zur Gegenwart vorgestellt. Autor ist der deutsche Abt Pius Engelbert von Gerleve, der Archivar von Sant´Anselmo.

„Sankt Anselm ist eine Gründung von Papst Leo XIII., der ein schon seit 1688 bestehendes Kolleg Sant´Anselmo hier in Rom - das in der Abtei Sankt Paul vor den Mauern beheimatet war - neu begründet hat. Das war untergegangen in den Jahren nach der französischen Revolution. Leo hat es nun neu begründet im Jahr 1888, und zwar nicht nur für italienische Benediktiner, sondern für Benediktiner der ganzen Welt als akademische Ausbildungsstätte. Es war also nicht ein Hochschule für jedermann, sondern nur für Benediktiner, die hier wohnten.“

Bald 125 Jahre also besteht diese Ordensuniversität also schon. Die Benediktiner waren nicht die ersten, die in Rom eine ordenseigene Ausbildungsstätte bekamen: Die Gregoriana-Universität der Jesuiten gab es schon seit 1551, auch die Lateran-Universität bestand bereits, ebenso das Angelicum der Dominikaner.

„Es existierte im Grund gar keine Notwendigkeit, noch eine weitere akademische Ausbildungsstätte hier in Rom zu eröffnen. Es ging Leo XIII. darum, jetzt ein internationales Haus für Benediktiner der ganzen Welt zu eröffnen, und er hatte auch noch einen Hintergedanken, der dann allerdings kaum verwirklicht worden ist: Leo war überzeugt, dass von allen Orden der katholischen Kirche die Benediktiner die geeignetsten sind, um eine Brücke zu den Orthodoxen zu schlagen, weil sie ein Orden sind, der schon vor der Trennung vor der Ost- und Wetkirche existierte und deswegen wegen ihres monastischen Charakters bei den Ostkirchen immer hoch angesehen waren. Dieser Ansatz wurde aber dann nicht weiter verfolgt.“

Theologie, Philosophie und Kirchenrecht konnte man ab 1888 in Sankt Anselm studieren, freilich nur, wenn man Benediktiner war. Nach dem II. Vatikanischen Konzil öffnete sich die Universität anderen Studierenden, auch Laien, Männern wie Frauen.

„Durchschnittlich haben wir heute über 300 Sudenten, sehr viel mehr können wir nicht aufnehmen, weil die Gebäude nicht ausreichen, und wir dürfen hier auf diesem Gelände nichts bauen. Es sind mehrmals Versuche gemacht worden, eine große Aula zu bauen, die wir eigentlich brauchen, aber das hat die Denkmalpflege immer wieder verhindert.“

Das wichtigste Institut der Benediktiner-Universität ist heute das für Liturgiewissenschaft, erklärt Pater Engelbert.

„Es gibt nur ein päpstliches liturgisches Institut, das ist hier. Die meisten Studenten besuchen unsere liturgiewissenschaftliche Fakultät, das sind Leute vor allem aus Ländern der Dritten Welt. Nicht alle, aber viele kommen aus Lateinamerika, Afrika, Asien; die meisten sind auch Priester, die später in ihren Diözesen entweder Professoren für Liturgiewissenschaft werden oder in den Diözesen als Fachleute für Liturgie tätig sind.“

Sant´Anselmo ist Primatialabtei des Benediktinerordens, hier sitzt Abtprimas Notker Wolf. Die Universität liegt im selben Gebäudekomplex, sie ist räumlich nüchtern, die Lage hingegen spektakulär. Bevor man Sant´Anselmo betritt, passiert man die Piazza dei Cavalieri di Malta, von der aus man durch das vermutlich berühmteste Schlüsselloch der Welt die Kuppel des Petersdoms sehen kann. An dieser päpstlichen Hochschule zu lernen, ist ästhetisch, aber auch geistlich überzeugend, denn das monastische Stundengebet fließt in den Studienalltag ein. Eines aber, sagt Abt Pius, ist in Sant´Anselmo nicht zu haben: ein schneller Abschluss.

„Was Sankt Anselm immer ausgezeichnet hat, ist, dass wir den Ruf haben, eine strenge Hochschule zu sein. Ich will andere nicht abwerten, aber wir gelten als streng bei den Prüfungen und den Doktorarbeiten. Es war und ist immer die Möglichkeit dass einer die beste Note bekommt, das ist 10, oder unter 6, das ist durchgefallen, dann muss man das wiederholen.“

Das Buch „Sant´Anselmo in Rom – Kolleg und Hochschule: Von den Anfängen (1888) bis zur Gegenwart“ von Pius Engelbert ist eine erweiterte, durchgesehene Neuauflage und erscheint im Eos Verlag.

(rv 26.04.2012 gs)








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