Rom: Studieren auf dem Aventin - seit bald 125 Jahren
Rom ist der Ort schlechthin,
um Theologie zu studieren. In keiner anderen Stadt auf der Welt ist das theologische
Angebot so vielfältig wie in Rom: Neun päpstliche Hochschulen gibt es hier, eine davon
stellen wir Ihnen heute näher vor, und zwar Sant´Anselmo, die Benediktiner-Universität
auf dem malerischen Aventin-Hügel. Vergangenen Samstag – dem Gedenktag Anselm von
Canterburys – wurde dort ein Buch über die päpstliche Hochschule von den Anfängen
bis zur Gegenwart vorgestellt. Autor ist der deutsche Abt Pius Engelbert von Gerleve,
der Archivar von Sant´Anselmo.
„Sankt Anselm ist eine Gründung von Papst
Leo XIII., der ein schon seit 1688 bestehendes Kolleg Sant´Anselmo hier in Rom - das
in der Abtei Sankt Paul vor den Mauern beheimatet war - neu begründet hat. Das war
untergegangen in den Jahren nach der französischen Revolution. Leo hat es nun neu
begründet im Jahr 1888, und zwar nicht nur für italienische Benediktiner, sondern
für Benediktiner der ganzen Welt als akademische Ausbildungsstätte. Es war also nicht
ein Hochschule für jedermann, sondern nur für Benediktiner, die hier wohnten.“
Bald
125 Jahre also besteht diese Ordensuniversität also schon. Die Benediktiner waren
nicht die ersten, die in Rom eine ordenseigene Ausbildungsstätte bekamen: Die Gregoriana-Universität
der Jesuiten gab es schon seit 1551, auch die Lateran-Universität bestand bereits,
ebenso das Angelicum der Dominikaner.
„Es existierte im Grund gar keine
Notwendigkeit, noch eine weitere akademische Ausbildungsstätte hier in Rom zu eröffnen.
Es ging Leo XIII. darum, jetzt ein internationales Haus für Benediktiner der ganzen
Welt zu eröffnen, und er hatte auch noch einen Hintergedanken, der dann allerdings
kaum verwirklicht worden ist: Leo war überzeugt, dass von allen Orden der katholischen
Kirche die Benediktiner die geeignetsten sind, um eine Brücke zu den Orthodoxen zu
schlagen, weil sie ein Orden sind, der schon vor der Trennung vor der Ost- und Wetkirche
existierte und deswegen wegen ihres monastischen Charakters bei den Ostkirchen immer
hoch angesehen waren. Dieser Ansatz wurde aber dann nicht weiter verfolgt.“
Theologie,
Philosophie und Kirchenrecht konnte man ab 1888 in Sankt Anselm studieren, freilich
nur, wenn man Benediktiner war. Nach dem II. Vatikanischen Konzil öffnete sich die
Universität anderen Studierenden, auch Laien, Männern wie Frauen.
„Durchschnittlich
haben wir heute über 300 Sudenten, sehr viel mehr können wir nicht aufnehmen, weil
die Gebäude nicht ausreichen, und wir dürfen hier auf diesem Gelände nichts bauen.
Es sind mehrmals Versuche gemacht worden, eine große Aula zu bauen, die wir eigentlich
brauchen, aber das hat die Denkmalpflege immer wieder verhindert.“
Das
wichtigste Institut der Benediktiner-Universität ist heute das für Liturgiewissenschaft,
erklärt Pater Engelbert.
„Es gibt nur ein päpstliches liturgisches Institut,
das ist hier. Die meisten Studenten besuchen unsere liturgiewissenschaftliche Fakultät,
das sind Leute vor allem aus Ländern der Dritten Welt. Nicht alle, aber viele kommen
aus Lateinamerika, Afrika, Asien; die meisten sind auch Priester, die später in ihren
Diözesen entweder Professoren für Liturgiewissenschaft werden oder in den Diözesen
als Fachleute für Liturgie tätig sind.“
Sant´Anselmo ist Primatialabtei
des Benediktinerordens, hier sitzt Abtprimas Notker Wolf. Die Universität liegt im
selben Gebäudekomplex, sie ist räumlich nüchtern, die Lage hingegen spektakulär. Bevor
man Sant´Anselmo betritt, passiert man die Piazza dei Cavalieri di Malta, von der
aus man durch das vermutlich berühmteste Schlüsselloch der Welt die Kuppel des Petersdoms
sehen kann. An dieser päpstlichen Hochschule zu lernen, ist ästhetisch, aber auch
geistlich überzeugend, denn das monastische Stundengebet fließt in den Studienalltag
ein. Eines aber, sagt Abt Pius, ist in Sant´Anselmo nicht zu haben: ein schneller
Abschluss.
„Was Sankt Anselm immer ausgezeichnet hat, ist, dass wir den
Ruf haben, eine strenge Hochschule zu sein. Ich will andere nicht abwerten, aber wir
gelten als streng bei den Prüfungen und den Doktorarbeiten. Es war und ist immer die
Möglichkeit dass einer die beste Note bekommt, das ist 10, oder unter 6, das ist durchgefallen,
dann muss man das wiederholen.“
Das Buch „Sant´Anselmo in Rom – Kolleg
und Hochschule: Von den Anfängen (1888) bis zur Gegenwart“ von Pius Engelbert ist
eine erweiterte, durchgesehene Neuauflage und erscheint im Eos Verlag.