Nuntius in Wien: „Auf Ungehorsam liegt kein Segen“
Angesichts pastoraler
Herausforderungen sind „ortskirchliche Sonderwege“ keine Lösungen. Dazu ermahnt der
Apostolische Nuntius in Wien, Erzbischof Peter Stephan Zurbriggen. Der Papst sei Garant
und „sichtbares Zeichen der Einheit der Kirche“, fügte der aus der Schweiz stammende
Vatikanvertreter an. Damit ging er auf die derzeit in Österreich diskutierten Pfarrer-Initiative
ein. Erzbischof Zurbriggen hielt die Predigt bei dem Festgottesdienst zum siebten
Jahrestag des Pontifikats von Benedikt XVI. am Donnerstagabend im Wiener Stephansdom.
„Auf dem Ungehorsam, der von der Gemeinschaft der Kirche wegführt, liegt
kein Segen.“
Erzbischof Zurbriggen erinnerte, dass sich Benedikt XVI. nach
der Wahl als „ein demütiger Mitarbeiter im Weinberg des Herrn“ vorgestellt habe.
„An
dieser Selbstdefinition hat sich in all diesen sieben Jahren nichts geändert. Der
Papst wird nicht müde, in Treue, Demut und Gehorsam dem Herrn gegenüber den wahren
Glauben zu verkünden. Dafür kan man dem Papst nur dankbar sein.“
Gleichzeitig
erinnerte der Nuntius an das „Band der Treue und des Gehorsams gegenüber dem Papst“,
durch das die Bischöfe und die Gläubigen zu einer Glaubensgemeinschaft werden.
„Die
kirchliche Einheit in der Wahrheit und in der Liebe kann es nicht ohne Autorität geben.
Es braucht den Mut zu einem neuen, dreifachen Miteinander - mit Christus, mit der
Kirche, mit dem Papst. Es ist das große Anliegen des Papstes im anstehenden „Jahr
des Glaubens“ die Dokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils mit Hilfe der richtigen
Hermeneutik zu lesen und zu rezipieren. Dabei geht es um eine Hermeneutik der Reform.
Sicher abwegig ist es daher zwischen einer vorkonziliaren und nachkonziliaren Kirche
oder zwischen einem vorkonziliaren oder nachkonziliaren Glauben zu unterscheiden.“
Eine
„großartige Hilfe für diese Glaubenserneuerung und –vertiefung“ sei dabei der von
der Österreichischen Bischofskonferenz herausgegebene Jugendkatechismus „YouCat“,
hielt der Apostolische Nuntius fest.
An dem von Kardinal Christoph Schönborn
geleiteten Festgottesdienst nahmen u.a. die Diözesanbischöfe Egon Kapellari (Graz),
Klaus Küng (St. Pölten) und Ägidius Zsifkovics (Eisenstadt), Militärbischof Christian
Werner, die Weihbischöfe Anton Leichtfried, Franz Scharl und Stephan Turnovszky sowie
der Feldkircher Diözesanadministrator Benno Elbs und mehrere Äbte österreichischer
Stifte teil. Unter den Vertretern aus dem Diplomatischen Corps befanden sich u.a.
der deutsche Botschafter Hans Henning Blomeyer-Bartenstein und der israelische Botschafter
Aviv Shir-On.
Hier der Wortlaut der Predigt
„Papst Benedikt
XVI. - Sieben Jahre Oberster Hirte der Universalen Kirche“
Mit großer Freude
und tiefer Dankbarkeit feiern wir heute den 7. Jahrestag der Wahl unseres geliebten
Heiligen Vaters Papst Benedikt XVI. zum Obersten Hirten der Universalen Kirche. Wer
einen Blick in die Kirchengeschichte wirft, wird feststellen, dass ein deutschsprachiger
Papst einen gewissen Seltenheitswert hat. Umso dankbarer wollen wir dafür sein, dass
der Heilige Vater mit uns nicht nur den Glauben sondern auch unsere Muttersprache
teilt.
Vor sieben Jahren hat sich Papst Benedikt "Urbi et Orbi" als "ein demütiger
Mitarbeiter im Weinberg des Herrn" vorgestellt. An dieser Selbstdefinition hat sich
in all diesen sieben Jahren nichts geändert. In großer Dankbarkeit Gott, dem Herrn
des Lebens gegenüber, durfte er vor drei Tagen, am 16. April, seinen 85. Geburtstag
feiern. Auch wir wollen dem Heiligen Vater noch einmal unsere allerherzlichsten Glück-
und Segenswünsche aussprechen und ihm viel Kraft und den Beistand des Heiligen Geistes
wünschen und erbitten, damit er die große ihm anvertraute Mission erfüllen kann:
Sieben
Jahre treuer Dienst als Pastor universalis der einen, heiligen, katholischen und apostolischen
Kirche!
In dieser Eucharistie, der großen Dankfeier der Kirche, wollen wir
hier in Wien, im Dom zu St. Stephan, stellvertretend für alle Diözesen und Gläubigen
Österreichs, Gott von ganzem Herzen danken, dass er uns in Papst Benedikt einen Nachfolger
des Apostels Petrus geschenkt hat, der die Kirche in Treue, Demut und Gehorsam dem
Herrn gegenüber führt und nicht müde wird, mit Ausdauer und Zielstrebigkeit - gemäß
dem Wort des Apostels: gelegen oder ungelegen (cfr. 2Tim 4,2) - den wahren Glauben
zu verkünden und uns alle in diesem wahren Glauben zu bestärken.
Dafür wollen
und dürfen wir hier und heute dem Heiligen Vater Papst Benedikt ein herzliches Vergelt's
Gott sagen! Danke, Heiliger Vater! In jedem Hochgebet wird der Name des Heiligen Vaters
genannt und darum wissen wir uns bei der Feier der Heiligen Messe stets mit dem Papst
im Gebet geistlich verbunden. Eine Verbundenheit, meine liebe Brüder und Schwestern,
die nur dann Sinn macht, wenn alle Hirten der Kirche und die Gläubigen durch das Band
der Treue und des Gehorsams gegenüber dem Papst eine wahre Glaubensgemeinschaft bilden,
die Kirche Gottes, die auf dem Fundament des Felsen Petri gegründet ist. Das heißt
natürlich und vor allem auch auf die Mahnungen und Weisungen des Heiligen Vaters zu
hören und seinem Beispiel selbstloser Treue im Dienst an der Wahrheit zu folgen.
Der
Papst ist Garant der Einheit.
"Weide meine Lämmer!", "Weide meine Schafe!"
(Joh 21,15-17), so lautet die Aufforderung des auferstandenen Herrn an Simon Petrus
im heutigen Evangelium. Der Herr vertraut dem Apostel Petrus seine Herde an. Die Aufgabe
des Petrus ist es, der universalen Gemeinschaft vorzustehen, "sie in der Welt stets
als Einheit gegenwärtig zu machen, auch als sichtbare" Einheit (cfr. Benedikt XVI.,
Predigt vom 29.06.2006). Die Päpste als Nachfolger des Apostelfürsten sind von Jesus
Christus eingesetzt. Dies ist bis heute so. Einzelne Stimmen in der Gesellschaft,
leider auch manchmal in der Kirche, stellen sich gelegentlich die Frage wozu es überhaupt
eines Papstes bedarf. Diese Frage möchte ich am heutigen "Papstfest" gerne aufgreifen
und zunächst mit den Worten eines österreichischen Journalisten beantworten, der die
Berufung des Papstes erst kürzlich so treffend auf den Punkt gebracht hat: Der Papst
"formuliert den gemeinsamen Glauben der Kirche, verteidigt ihn, erklärt ihn der Welt
und rechtfertigt ihn auch vor den Ansprüchen der wissenschaftlichen Vernunft. Damit
verkörpert und schafft er die Einheit der Kirche und wird darüber hinaus auch zu Stimme
aller Glaubenden überhaupt" (Hans Winkler: Rom und die Bischöfe, in: Kleine Zeitung,
16.3.2012, p. 32).
"Wo Petrus ist, dort ist die Kirche!"
Als sichtbares
Zeichen der Einheit dauert eben dieser durch Christus gestiftete Petrusdienst bis
heute fort. So wie in den Sakramenten Christus wirkt (also zum Beispiel bei der hl.
Beichte, Christus es ist, der uns losspricht), so dürfen wir gewiss sein, dass in
unserem Heiligen Vater Christus wirkt, lehrt und führt. So schreibt der heilige Kirchenvater
Hieronymus (+ 420) an Papst Damasus in Rom: "Fern sei es von mir, mich mit Schmeichelworten
dem höchsten Würdenträger Roms nähern zu wollen! Ich will mit dem Nachfolger des Fischers
und mit dem Schüler des Kreuzes sprechen. Wie ich außer Christus keinen als den obersten
Führer anerkenne, so fühle ich mich mit Deiner Heiligkeit, d.h. mit dem Stuhle Petri,
in Glaubensgemeinschaft verbunden. Weiß ich doch sehr gut, dass die Kirche Christi
auf diesen Felsen gebaut ist (Math 16,18) ... Wer nicht in der Arche Noas wohnt, der
wird in den Tagen der Flut umkommen" (Hieronymus: Briefe, IIIa: Polemisch-apologetische
Briefe: In eigener Sache, Brief 15: An Damasus, 2).
Und noch pointierter hat
der große Lehrer des heiligen Augustinus, der lateinische Kirchenvater Ambrosius von
Mailand, in ein paar kurzen Worten festgehalten: "Wo Petrus ist, dort ist die Kirche;
und wo die Kirche ist, da herrscht nicht der Tod, sondern das ewige Leben" (Ambrosius,
In XII Ps. Enarratio, 40, 430). Ja, liebe Brüder und Schwestern: Denn dort, wo Petrus
und die Kirche sind, dort ist Jesus Christus - und dieser ist der einzige Zugang zum
Heil. Deshalb lehrt auch das II. Vatikanische Konzil, dass die "Lehre über Einrichtung,
Dauer, Gewalt und Sinn des dem Bischof von Rom zukommenden heiligen Primates sowie
über dessen unfehlbares Lehramt" von "allen Gläubigen fest zu glauben" sei (II. Vatikanum,
Lumen Gentium, 18). Wir folgen im Glauben also nicht irgend jemanden, sondern dem
Stellvertreter Christi auf Erden.
Mit Christus, mit der Kirche, mit dem Papst.
Der
Heilige Vater "verkörpert und schafft die Einheit der Kirche", wie es auch das II.
Vatikanum so klar formuliert hat. Auf diese Einheit hinzuwirken, wird stets eine der
wichtigsten Aufgaben der Hirten der Kirche bleiben. Auf die Frage was eine solche
Einheit umfasst, hat der selige Papst Johannes Paul II. bei dem Ad-limina-Besuch der
Österreichischen Bischöfe im Jahr 1987 - also vor 25 Jahren - so prägnant dargelegt:
"Die Einheit in der Kirche ist Einheit in der Wahrheit und in der Liebe, was eine
grundlegende Einheit in der Disziplin einschließt. Der Dienst an der Fülle der Wahrheit
ist in einer besonderen Weise den Bischöfen in Gemeinschaft mit dem Papst aufgetragen.
Die Fülle der Wahrheit ist nicht dem einzelnen verheißen, sondern der ganzen Kirche
in Einheit mit den Aposteln, mit Petrus. Deshalb können auch die schwerwiegenden pastoralen
Fragen, die sich der Kirche heute stellen, nur in dieser Einheit eine tragfähige und
gültige Antwort finden" (Papst Johannes Paul II., Ansprache vom 19.6.1987).
Deshalb
kann es diese Einheit in der Wahrheit und in der Liebe nicht ohne die Autorität (in)
der Kirche geben. Es versteht sich von selbst, dass die Wahrheit nicht durch einen
demokratischen Mehrheitsbeschluß zu finden, sondern stets neu zu suchen und zu verkünden
ist - in der Nachfolge Jesu. Und genau das ist die Aufgabe des Papstes und seiner
Mitarbeiter. "Wer auf den Papst hört, so hat es erst unlängst einmal ein österreichischer
Diözesanbischof formuliert, der hört auf Christus. Wer dem Papst und seinen Weisungen
folgt, der geht sicher den Weg des Heiles" (Bischof Ludwig Schwarz S.D.B., Oberösterreichische
Nachrichten, 1. Juni 2010).
Im festen Vertrauen auf den Heilsplan Gottes kann
die Antwort auf pastorale Herausforderungen der heutigen Zeit auch bestimmt nicht
ein "ortskirchlicher" Sonderweg sein. Dadurch würden Gruppen von Gläubigen oder Priestern
oder einzelne Regionen die auch für sie selbst lebensspendende kirchliche Communio
ausschließen. Werden wir daher nicht müde, alles daran zu setzen, dass dieses Hören
auf den Heiligen Vater, den Obersten Hirten der Kirche, stets ein freudiges Hinhören
und nicht, wie so oft im Leben, ein gleichgültiges Weghören ist. Noch schlimmer wäre
es, wollte jemand den "Ungehorsam" zur "Tugend" machen. Christus war gehorsam "bis
zum Tod am Kreuz" (Phil 2,8). Seine Sendung war es nicht seinen Willen, sondern in
Gehorsam den Willen des Vaters zu vollbringen (cfr. Joh 6,38). Auf dem Ungehorsam,
der von der Gemeinschaft der Kirche wegführt, liegt gewiss kein Segen! Haben wir den
Mut zu einem stets neuen, dreifachen Miteinander - mit Christus, mit der Kirche, mit
dem Papst. Sind wir dem Heiligen Vater Papst Benedikt deshalb dankbar, dass er uns
als Petrus treu im Glauben und in der Wahrheit leitet.
Jahr des Glaubens!
Am
11. Oktober jährt sich heuer zum 50. Mal der Jahrestag der Eröffnung des II. Vatikanischen
Konzils. Zugleich ist dies auch der zwanzigste Jahrestag der Veröffentlichung des
Katechismus der Katholischen Kirche. Aus diesem Grund hat der Heilige Vater ein großes
Jahr des Glaubens ausgerufen, das am 11. Oktober diesen Jahres - dem Eröffnungstag
des II. Vatikanums - feierlich begonnen wird: "Gegründet auf der Begegnung mit dem
auferstandenen Jesus Christus, kann der Glaube in seiner Ganzheit und in seiner vollen
Strahlkraft neu entdeckt werden" (Glaubenskongregation, Note mit pastoralen Hinweisen
zum Jahr des Glaubens, 6.1.2012, Einführung), so die Zielsetzung dieses wichtigen
Jahres. Es erscheint mir an dieser Stelle entscheidend auch darauf hinzuweisen, dass
die Texte des II. Vatikanischen Konzils - so sagte es uns der selige Papst Johannes
Paul II. - "auf sachgemäße Weise gelesen werden" müssen, "damit sie aufgenommen und
verarbeitet werden können als qualifizierte und normgebende Texte des Lehramtes innerhalb
der Tradition der Kirche" (Papst Johannes Paul II.: Schreiben Novo Millennio Ineunte,
6.1.2001, 57).
Auch Papst Benedikt wird nicht müde zu betonen, dass wir die
Dokumente des II. Vatikanischen Konzils nur "mit Hilfe der richtigen Hermeneutik lesen
und rezipieren" sollen, damit sie "eine große Kraft für die stets notwendige Erneuerung
der Kirche sein und immer mehr zu einer solchen Kraft werden" können (Papst Benedikt
XVI.: Ansprache, 22.12.2005).
Kein Unterschied zwischen einer vorkonziliaren
und nachkonziliaren Kirche!
Es ist daher sicher abwegig zwischen einer vorkonziliaren
und nachkonziliaren Kirche oder zwischen einem vorkonziliaren oder nachkonziliaren
Glauben zu unterscheiden. Die Hermeneutik der Reform, wie sie uns Papst Benedikt in
Übereinstimmung mit der Tradition der Kirche lehrt, zielt auf eine "Erneuerung des
einen Subjekts Kirche, die der Herr uns geschenkt hat, unter der Wahrung der Kontinuität"
ab (Papst Benedikt XVI.: Ansprache, 22.12.2005). Genau dieses Ziel verfolgen auch
die Hinweise der Kongregation für den Klerus zum Jahr des Glaubens. Im Jahr des Glaubens
soll das Studium des Katechismus der Katholischen Kirche und des Kompendiums des Katechismus
neu angegangen und vertieft werden. Eine Hilfe soll neben den Katechesen in den Pfarren
und kirchlichen Gemeinschaften ein in allen Diözesen der Welt stattfindender Studientag
zum Weltkatechismus sein. Es versteht sich von selbst, dass alle lokalen katechetischen
Hilfsmitteln in voller Übereinstimmung mit dem Weltkatechismus stehen müssen. Auch
der Religionsunterricht muss sich daran messen lassen, ob er Lehrmittel verwendet,
die die kirchliche Lehre klar und anziehend vermitteln (Glaubenskongregation, Note
mit pastoralen Hinweisen zum Jahr des Glaubens, 6.1.2012). Eine großartige Hilfe für
diese Glaubenserneuerung und -vertiefung ist der neue von der Österreichischen Bischofskonferenz
herausgegebene Jugendkatechismus YOUCAT.
Immer cum Petro et sub Petro!
Möge
daher dieses große Geschenk - das Jahr des Glaubens vom 11. Oktober bis zum Christkönigsfest
des Jahres 2013 - für uns alle eine Hilfe und eine Gnade sein, nicht nur unser Glaubenswissen
aufzufrischen, sondern auch in der persönlichen Christusbeziehung zu wachsen. Auf
diesem Weg geht die Kirche in der Kraft des Glaubens mutig und voll Vertrauen auf
den auferstandenen Herrn durch das dritte Millennium. Suchen und folgen wir Jesus,
der "der Weg und die Wahrheit und das Leben" (Joh 14,6) ist, indem wir unsere Berufung
im Alltag verwirklichen: heilig zu werden, wie unser Vater im Himmel heilig ist. Und
schließlich, liebe Brüder und Schwestern, gehen wir diesen Weg immer cum Petro et
sub Petro!
In unser aller Namen möchte ich mit dem bekannten Gebet der Kirche
für unseren geliebten Heiligen Vater Papst Benedikt XVI. schließen. Oremus pro beatissimo
Papa nostro Benedicto. Lasst uns beten für unseren Heiligen Vater Papst Benedikt.
Der Herr bewahre ihn und schenke ihm Leben, und er mach ihn selig auf Erden und überliefere
ihn nicht dem Übermut seiner Feinde.