Schweiz: „Bischof Huonder will keinen Etikettenschwindel treiben“
Im Schweizer Bistum
Chur herrscht kein Personalkonflikt sondern es stehen verschiedene Interessengruppen
gegenüber. So fasst der Bistumssprecher, Giuseppe Gracia, die Lage in seiner Diözese
gegenüber Radio Vatikan zusammen. Bischof Vitus Huonder sei eine offene Person, die
„einfach nur das Lehramt“ verkünden wolle, so Gracia über den Churer Diözesanbischof.
„Es
ist strukturell einfach so, dass ein Bischof in einer Schweizer Diözese keine Weisungsbefugnis
über das Personal hat. Die meisten Leute, die in der Schweiz für die Kirche arbeiten,
sind nicht vom Bischof angestellt, also kann man ihnen auch nicht wie normalen Mitarbeitern
in einem größeren Unternehmen sagen: Jetzt bitte vertritt diesen Kurs, denn so sind
die kirchlichen Vorgaben. Das geht nicht, weil die Leute relativ autonom vom Bischof
agieren können, und meiner Meinung nach erklärt das auch viele Konflikte im Bistum
Chur, weil ja dann die Leute mehr oder weniger frei arbeiten und auch sagen können,
was ihnen so am Herzen liegt.“
Immer wieder – auch in jüngster Zeit – steht
Bischof Huonder in den Schlagzeilen, weil er angeblich Gläubige brüskiere. So wurde
der jüngste Hirtenbrief in der Fastenzeit zum Streitthema, weil sich Priester im Bistum
Chur weigerten den Brief öffentlich vorzulesen. Diese kritisierten die Haltung Huonders
gegenüber wiederverheirateten Geschiedene.
„Ja, da ist eine natürliche Spannung
zwischen dem Lehramt, zwischen weltkirchlichen Vorgaben, die es nun mal gibt (z.B.
in Bezug auf wiederverheiratete Geschiedene) und an denen man nun mal nicht vorbeigehen
soll. Man soll auch nicht so tun, als würden die nicht existieren. Der Bischof will
keinen Etikettenschwindel betreiben - man muss einfach klar sagen, was Lehre der Kirche
ist. Und das ergibt dann selbstverständlich eine Spannung mit den Strukturen der Schweiz
hier, die dann eher wieder Gemeindeautonomie im Vordergrund haben. Die Basis möchte
selber definieren, was sie nun gut findet oder nicht - und das beißt sich dann nun
mal mit der hierarchischen Vorstellung der Kirche in der Welt.“
Garcia
ist sich aber auch bewusst, dass die Kirche in vielen Fällen ein Kommunikationsproblem
hat. Bei wichtigen Fragestellungen wie zum Beispiel denen nach Sexualität und Freiheit
versuche die Kirche, gegen die herrschende öffentliche Meinung auch kritische Rückfragen
zu stellen und gewisse Klischees zu demaskieren, dabei müsse sie aber noch näher am
Puls der Zeit sein, so Garcia:
„Für mich ist die Reaktionskompetenz die
wichtigste Kompetenz die die Kirche heute haben muss: wir müssen besser und schneller
und umfassender auf die Fragen antworten, die die säkulare Welt an uns stellt, denn
das sind sehr gute Fragen, das sind die Gelegenheiten, zu erklären, was die Kirche
wirklich über Freiheit und Sexualität sagt. Man hört diese Fragen gar nicht, man versucht
vielmehr auf Fragen zu antworten, die niemand gestellt hat, und das ist schlecht.
Für mich ist das die Herausforderung, aber auch die Hoffnung, dass sich die Kirche
diese Reaktionskompetenz aneignet und wirklich besser kommuniziert.“