Tunesien: Zwei Promille Katholiken, 100 Prozent Engagement
Beeindruckt von der
kleinen, aber feinen katholischen Gemeinde in Tunesien ist der Weltkirche-Verantwortliche
der Deutschen Bischofskonferenz: Erzbischof Ludwig Schick von Bamberg ist soeben von
einer Visite in das nordafrikanische Umbruchsland zurück gekehrt. Nur 20.000 Seelen
zählt die katholische Kirche in Tunesien, aber das tut ihrem Engagement keinen Abbruch,
sagte uns Erzbischof Schick:
„Die katholische Kirche ist sehr lebendig,
die Gemeinden sagen von sich selbst, dass sie eine Kirche von Ausländern für Ausländer
seien, die aber in diesem Land auch die christliche Botschaft verbreiten möchten und
vor allen Dingen die christlichen Werte wie Sauerteig in die Gesellschaft hineingeben
möchten.“
Tunesien ist das Land, in dem vor gut einem Jahr der „Arabische
Frühling“ aufblühte. Kann der zunehmende Einfluss der Salafisten oder Muslimbrüder
in Tunesien auch bedrohliche Situationen für die Kirche vor Ort schaffen? Das wollten
wir von Erzbischof Schick wissen:
„Im Augenblick nicht, aber was die Zukunft
bringt, das ist offen. Tunesien war ja immer das liberalste Land unter den Mahgreb-Staaten,
wo es diesen arabische Frühling gibt und wo jetzt beispielsweise in Ägypten oder Algerien
die Christen eher an den Rand gedrängt werden, als das vorher der Fall war. Wie es
in Tunesien weiter geht, ist nicht abzusehen; es kann natürlich sein, dass von den
anderen Ländern die Muslimbrüder stärker werden, und mit den Muslimbrüdern auch radikalere
Strömungen des Islam nach Tunesien kommen.“
Zwei Promille der tunesischen
Bevölkerung stellen die Katholiken, eine winzige Minderheit. Ein Mitspracherecht bei
der Neuordnung der Gesellschaft wird den Christen kaum eingeräumt. Erzbischof Schick:
„Tunesien ist ja ein islamischer Staat, und obwohl Religionsfreiheit herrscht,
dominiert sicherlich der Islam. Es gibt auch Behinderungen, wenn jemand zum Christentum
konvertieren will. Dass die katholische Kirche dort direkt die politische Zukunft
bestimmen kann, ist unwahrscheinlich, aber die Christen dort sagen von sich selbst
dass sie wie Charles de Foucault leben, und versuchen, christliche Botschaften, Werte
und Tugenden in die Gesellschaft hineinzubringen. Das ist auch eine Form der Mission
und des Apostolates der Evangelisierung, und dabei gibt es auch Konversionen vom Islam,
allerdings nicht viele.“
Denn offene Mission darf die katholische Kirche
in Tunesien - wie in nahezu allen mehrheitlich islamischen Staaten - nicht praktizieren,
wie uns der Bischof erzählt:
„Die Christen können in Tunesien nicht direkt
missionieren, das dürfen sie nicht und ist auch gefährlich für sie. Aber Ordensmänner,
die „Weißen Väter“ nämlich, haben eine Islambibliothek gegründet und durch diese Bibliothek,
durch die Literatur, kommen sie mit den Menschen ins Gespräch und können ihnen über
das Evangelium, über Jesus Christus und unseren Glauben erzählen. Das ist eine sehr
interessante und auch ansprechende Missionsmethode.“
Überhaupt: Die Wachheit,
die Beweglichkeit und das selbstlose Engagement der katholischen Kirche in Tunesien
ist ihre ganz große Stärke, findet der deutsche Weltkirche-Bischof.
„Die
katholische Kirche in Tunesien ist wirklich bewundernswert, mit ihren Aktivitäten,
das kann man nicht hoch genug einschätzen, was dort die wenigen Priester, Ordensleute
und Laien alles tun, um christliches Leben für die Christen zu ermöglichen und auch
christliches Leben in die Gesellschaft einzubringen.“