Joseph Ratzinger, der damalige Erzbischof von München, hat sich 1978 grundsätzlich
für die Wahl italienischer Päpste ausgesprochen. Das italienische Staatsfernsehen
RAI wird das Interview aus seinem Archiv Samstagabend im Rahmen einer Sendung zum
Geburtstag des deutschen Papstes wieder ausstrahlen, berichtet die Zeitung „La Stampa“
an diesem Freitag. Er persönlich würde die Wahl eines Nichtitalieners zum Papst „nicht
besonders befürworten“, erklärte Kardinal Ratzinger im Juni 1978, wenige Wochen vor
dem Tod Papst Paul VI. Zwei Gründe nannte er dafür: Zum einen sei der Papst Bischof
einer Ortskirche, nämlich der von Rom; weil das Amt eine „lokale Prägung“ habe, solle
der Papst Italiener sein.
Zweitens sah der Münchner Erzbischof in einer italienischen
Staatsbürgerschaft des Papstes eine Art Garantie für Überparteilichkeit. „Wenn wir
heute auf die nationalistischen Empfindungen sehen, die in der Menschheit und unter
den Christen fortdauern, wäre es neutral, in der Tradition der Jahrhunderte zu bleiben
und einen italienischen Papst zu wählen, sodass dieser, im Respekt der Traditionen,
seinem Amt keinen politischen oder nationalistischen Zug verleiht“.
Tatsächlich
wählten die Kardinäle, unter ihnen Ratzinger, im ersten Konklave von 1978 den Italiener
Johannes Paul I. Dieser starb nach 33 Tagen, und im zweiten Konklave von 1978 wurde
der polnische Kardinal Karol Wojtyla zum Papst bestimmt, der in seinen fast 27 Jahren
als Kirchenoberhaupt Bedenken gegen einen nichtitalienischen Papst offenbar zerstreute.
Papst Benedikt XVI. selbst sagte bei der Inbesitznahme der Lateranbasilika, seines
Bischofssitzes, am 7. Mai 2005: „Liebe Römer, ich bin jetzt euer Bischof. Danke für
eure Großherzigkeit, danke für eure Sympathie, danke für eure Geduld mit mir! Als
Katholiken sind wir alle in gewisser Weise auch Römer.“ Die Wahl des deutschen Papstes
auf den Stuhl Petri jährt sich am 19. April zum siebten Mal. (la stampa 13.04.2012
gs)