Aquileia 2: Hochgesteckte Ziele für nordostitalienische Bistümer
„Aquileia 2“: So heißt
ein großer Kongress von 15 Bistümern aus Italiens Nordosten, der an diesem Freitag
auf der Insel Grado zwischen Venedig und Triest beginnt. Fast 600 kirchliche Delegierte
stecken bis Sonntag die Köpfe zusammen, um der einstmals stolzen Ortskirche, aus der
allein im 20. Jahrhundert drei Päpste hervorgingen, wieder Auftrieb zu geben. Aquileia
– der Name des Kongresses ist Programm. Denn die heutige Gemeinde Aquileia mit nur
noch dreieinhalbtausend Einwohnern war in den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung
eines der wichtigsten Zentren der Christenheit, stolzer Sitz eines Patriarchats, das
bis weit ins jetzige Österreich und bis nach Bayern ausstrahlte. An diese Vergangenheit,
die auch den Papst letztes Jahr im Mai für ein paar Stunden nach Aquileia führte,
will die Kirche in Italien-Nordost wieder anknüpfen. Der Kongress im nahegelegenen
Grado wird am Sonntag mit einer Festmesse in der frühchristlichen Basilika von Aquileia
enden. Eigentlich hatte Benedikt XVI. auch eine stärkere grenzübergreifende Zusammenarbeit
der Kirchen vorgeschlagen, die einmal zum Patriarchat von Aquileia gehörten, aber
das hat sich noch nicht in der Teilnehmerliste von Aquileia 2 niedergeschlagen. Aquileia
2 – es ist schon die zweite Auflage eines solchen Kongresses. Aber die Lage in dieser
rechten oberen Ecke auf der italienischen Landkarte ist doch eine etwas andere als
bei Aquileia 1 vor 22 Jahren: Wirtschaftskrise, Arbeitslosigkeit, politische Krise
u.a. bei der Partei „Lega Nord“, abstürzende Geburtenraten, unsichere Zukunft, ein
höherer Prozentsatz an Einwanderern als im nationalen Durchschnitt, das sind die Stichworte.
Damit korrespondieren auch kirchlicherseits Signale des Niedergangs: Vor 20 Jahren,
so eine Studie, waren noch 90 Prozent der Einwohner Katholiken, jetzt sind es – Einwanderer
mitgerechnet – nur noch 75 Prozent. Die Zahl der Taufen ist um 23 Prozent gefallen,
52 Prozent der Katholiken, also die Mehrheit, erleben die Kirche als „fern“, vor allem
die Frauen wenden sich ab, die Jugend wird von der Glaubensbotschaft kaum noch erreicht.
„Es ist, als wären wir in die Ära eines Katholizismus mit wenig Kirche eingetreten“,
so die Studie, „aber eines Katholizismus, der auch wieder nicht ganz ohne Kirche auskommen
will.“ Angesichts dieser Umstände erwarten sich die Organisatoren von Aquileia 2 „keine
aufsehenerregenden Neuigkeiten“ vom Kongress, aber doch neuen Schwung für die Pastoral. Stefan
Kempis für Radio Vatikan aus Grado. (rv 13.04.2012 sk)