Kardinal Tauran: „Nigerias Kirche war eine Überraschung“
Die Anschläge auf
Kirchen in Nigeria standen in den vergangenen Wochen oft in den Schlagzeilen. Bei
den Gewalttaten ging es angeblich um einen Religionskonflikt zwischen Muslimen und
Christen. Grund genug für den vatikanischen Religionsminister, den französischen Kurienkardinal
Jean-Louis Tauran, das westafrikanische Land persönlich zu besuchen. Er war vergangene
Woche in dem Land. Nach seiner Rückkehr erzählte er im Gespräch mit Radio Vatikan
von seinen Eindrücken.
„Ich hatte nicht erwartet, dass die Kirche dort so
lebendig ist. Das hat mich sehr überrascht. Ich ging dorthin und hatte die Presseberichte
im Hinterkopf, die von schrecklichen Anschlägen sprachen. Vor Ort traf ich aber Muslime
und Christen, die miteinander sprachen. Die Katholiken, die ich traf, waren zuversichtlich
und alles in allem zufrieden.“
Es habe Anschläge gegeben, die man nicht
unterschätzen und kleinreden soll, so Kardinal Tauran weiter. Es sei aber wichtig,
dass die Religionsgemeinschaften weiterhin miteinander sprechen, so der für den interreligiösen
Dialog zuständige Kurienkardinal weiter.
„Denn die Gewalt darf nie die Überhand
gewinnen. Es wäre schade, wenn die positiven Resultate der Gespräche, die es in Nigeria
tatsächlich gibt, verwischt werden. Ich hatte wirklich den Eindruck, dass die Nigerianer
friedlich zusammenleben möchten.“
Er räumte aber ein, dass es sowohl auf
muslimischer als auch auf christlicher Seite Extremisten gebe, die hingegen ein anderes
– und zwar von Gewalt geprägtes – Ziel verfolgten.
„Diese Gruppen bilden
zum Glück eine Minderheit. Wir alle sind aber sozusagen dazu verurteilt, im Dialog
zu stehen. Denn wir leben in einer Welt mit vielen Religionen und Meinungen. Da ist
es unumgänglich, dass man miteinander spricht. Ich habe dazu in der Diözese von Jos
ein bischöfliches Zentrum besucht, wo man den Dialog auf konkrete Weise führt. Das
ist ein schönes und hoffnungsvolles Zeichen für die Zukunft, nicht nur Nigerias.“