Als Papst Johannes
Paul II. Kuba besuchte, legte er den Grundstein für ein besseres Verhältnis zwischen
Kirche und Staat auf Kuba. Wie eine „frische Brise“ sei der polnische Papst über die
Insel gezogen, betonte Papst Benedikt XVI. bei seiner Ankunft am Flughafen von Santiago
de Cuba, eine „unauslöschliche Spur“ habe er in der Seele der Kubaner hinterlassen,
er sei „Leitbild für Gläubige und Nicht-Gläubige“ gewesen. Eine Spurensuche:
Johannes
Paul II. besuchte Kuba im Januar 1998 als erster Papst der Geschichte. Sein Reiseprogramm
war vollgepackt: öffentliche Messen in vier verschiedenen Städten, zwölf Reden (sic!)
und ein ausgiebiges Treffen mit Fidel Castro. Fast eine Stunde redete der Papst mit
dem Revolutionsführer unter vier Augen auf Spanisch, zwei Jahre zuvor hatte er Castro
im Vatikan getroffen.
Es war ein diplomatischer Ton, den Papst Johannes Paul
II. auf Kuba wählte. In seinen Reden über das Vaterland, die Kirche, die Familie und
Laien sprach er kontroverse Punkte nicht explizit an. Kubas Kirche gehe es im Verhältnis
gut, betonte der polnische Papst, dem die Lage der Gläubigen in den ehemaligen kommunistischen
Staaten Osteuropas noch im Gedächtnis war. Zugleich mahnte er jedoch Reformen an und
warb um Milde für politische Gefangene. Dissidenten traf er nicht.
Die Früchte
des Besuches von Johannes Paul II. wurden in den Folgejahren sichtbar. So soll Raúl
Castro, als er 2010 das erste Priesterseminar auf Kuba seit 50 Jahren eröffnete, ein
Versprechen seines Bruders Fidel gegenüber Papst Johannes Paul II. eingelöst haben.
Das gab der Erzbischof von Havanna an, der so etwas wie eine Schlüsselfigur im Dialog
mit der Regierung ist: Zeichen für eine Entspannung im Verhältnis ist die vom Staat
akzeptierte Vermittlerrolle der katholischen Kirche zwischen Regierung und Opposition.
Kardinal Jaime Ortega von Havanna hatte im Jahr 2010 die Freilassung zahlreicher politischer
Gefangener bewirkt.
Wenn Papst Benedikt XVI. von Johannes Pauls „unauslöschlichen
Spuren“ spricht, meint er wohl auch: Hinter die Verdienste seines Vorgängers darf
kein Weg zurückführen. Die begonnene Öffnung des sozialistischen Landes nach innen,
hin zur Kirche und zu einem Prozess der „Demokratisierung“, scheint unumkehrbar. Ebenso
wie die „andere“ Perspektive, aus der die Welt Kuba nach Papst Johannes Pauls Besuch
betrachten musste: auch sie müsse sich Kuba gegenüber „öffnen“, hatte Benedikts Vorgänger
erinnert, der auch das US-Embargo gegenüber Kuba kritisierte.
Dass es auf Kubas
Weg ins „Morgen“ bis heute Rückschläge gab und gibt, bleibt allerdings ebenso gültig.
Beispiele dafür liefert das Vorgehen der Regierung gegen Menschenrechtler und die
Opposition. Dies stellt auch die kubanische Kirche und ihre Vermittlungsbemühungen
auf die Probe: Wenn sich die eben leerer gewordenen Gefängnisse aufs Neue füllen,
ist die Rede von Dialog und Versöhnung dann ein Tropfen auf den heißen Stein? Und
wenn die Kirche Katalysator von Veränderung sein soll, kann sie dann der eigenen Sendung
noch nachkommen?
Das Verhältnis der kubanischen Kirche zum Staat ist heute
durch einen „Geist stärkerer Zusammenarbeit“ und „größeres Vertrauen“ gekennzeichnet,
hielt Benedikt XVI. in seiner ersten Ansprache auf kubanischem Boden fest. Der ehemalige
Nuntius auf Kuba, Erzbischof Angelo Becciu, nannte als Beispiel einer gelungenen Kooperation
jüngst die Nothilfe für Kubas Bevölkerung nach dem Wirbelsturm 2008, die Staat und
Kirche gemeinsam durchführten. Nicht wenige kubanische Politiker bewunderten die Kirche
gerade für ihre karitative Kraft, so der Vatikanvertreter, der von 2009 bis 2011 auf
der Insel tätig war.
Dass Kubas Kirche heute auch kritische Fragen zur Korruption
in dem Land, zur mangelhaften medizinischen Versorgung in den Krankenhäusern und immer
wieder auch zum harschen Vorgehen gegen Menschenrechtler stellen darf (so zum Beispiel
im Magazin „Palabra Nueva“ des Erzbistums Havanna, das u.a. durch Johannes Pauls Besuch
auf Kuba inspiriert wurde), ist ein „Luftholen“ - ein „Aufschrei“ ist es nicht. Dazu
ist die Lage der Kirche auf Kuba zu delikat, schließlich hängt sie zum größeren Teil
vom Wohlwollen der Landesführung ab.
So sprach Benedikt XVI. auf dem Flughafen
von Santiago de Cuba auch die Religionsfreiheit auf Kuba an: Voranzukommen gelte es,
so der Papst vor dem kubanischen Präsidenten, was die Wirkungsmöglichkeiten der Kirche
in der Gesellschaft betrifft. Revolutionsführer Fidel Castro hatte 1962 die Verstaatlichung
aller katholischen Schulen und Krankenhäuser angeordnet. Heute sind insgesamt nur
zehn Schulen und zwei Hochschulen in katholischer Trägerschaft, katholische Krankenhäuser
gibt es praktisch nicht, nur ein Paar Ambulanzen, Alten- und Invalidenheime. Bis zum
Durchatmen der Kirche auf Kuba gibt es noch Einiges zu tun.