2012-03-28 14:37:30

„Frische Brise“ des polnischen Papstes


RealAudioMP3 Als Papst Johannes Paul II. Kuba besuchte, legte er den Grundstein für ein besseres Verhältnis zwischen Kirche und Staat auf Kuba. Wie eine „frische Brise“ sei der polnische Papst über die Insel gezogen, betonte Papst Benedikt XVI. bei seiner Ankunft am Flughafen von Santiago de Cuba, eine „unauslöschliche Spur“ habe er in der Seele der Kubaner hinterlassen, er sei „Leitbild für Gläubige und Nicht-Gläubige“ gewesen. Eine Spurensuche:

Johannes Paul II. besuchte Kuba im Januar 1998 als erster Papst der Geschichte. Sein Reiseprogramm war vollgepackt: öffentliche Messen in vier verschiedenen Städten, zwölf Reden (sic!) und ein ausgiebiges Treffen mit Fidel Castro. Fast eine Stunde redete der Papst mit dem Revolutionsführer unter vier Augen auf Spanisch, zwei Jahre zuvor hatte er Castro im Vatikan getroffen.

Es war ein diplomatischer Ton, den Papst Johannes Paul II. auf Kuba wählte. In seinen Reden über das Vaterland, die Kirche, die Familie und Laien sprach er kontroverse Punkte nicht explizit an. Kubas Kirche gehe es im Verhältnis gut, betonte der polnische Papst, dem die Lage der Gläubigen in den ehemaligen kommunistischen Staaten Osteuropas noch im Gedächtnis war. Zugleich mahnte er jedoch Reformen an und warb um Milde für politische Gefangene. Dissidenten traf er nicht.

Die Früchte des Besuches von Johannes Paul II. wurden in den Folgejahren sichtbar. So soll Raúl Castro, als er 2010 das erste Priesterseminar auf Kuba seit 50 Jahren eröffnete, ein Versprechen seines Bruders Fidel gegenüber Papst Johannes Paul II. eingelöst haben. Das gab der Erzbischof von Havanna an, der so etwas wie eine Schlüsselfigur im Dialog mit der Regierung ist: Zeichen für eine Entspannung im Verhältnis ist die vom Staat akzeptierte Vermittlerrolle der katholischen Kirche zwischen Regierung und Opposition. Kardinal Jaime Ortega von Havanna hatte im Jahr 2010 die Freilassung zahlreicher politischer Gefangener bewirkt.

Wenn Papst Benedikt XVI. von Johannes Pauls „unauslöschlichen Spuren“ spricht, meint er wohl auch: Hinter die Verdienste seines Vorgängers darf kein Weg zurückführen. Die begonnene Öffnung des sozialistischen Landes nach innen, hin zur Kirche und zu einem Prozess der „Demokratisierung“, scheint unumkehrbar. Ebenso wie die „andere“ Perspektive, aus der die Welt Kuba nach Papst Johannes Pauls Besuch betrachten musste: auch sie müsse sich Kuba gegenüber „öffnen“, hatte Benedikts Vorgänger erinnert, der auch das US-Embargo gegenüber Kuba kritisierte.

Dass es auf Kubas Weg ins „Morgen“ bis heute Rückschläge gab und gibt, bleibt allerdings ebenso gültig. Beispiele dafür liefert das Vorgehen der Regierung gegen Menschenrechtler und die Opposition. Dies stellt auch die kubanische Kirche und ihre Vermittlungsbemühungen auf die Probe: Wenn sich die eben leerer gewordenen Gefängnisse aufs Neue füllen, ist die Rede von Dialog und Versöhnung dann ein Tropfen auf den heißen Stein? Und wenn die Kirche Katalysator von Veränderung sein soll, kann sie dann der eigenen Sendung noch nachkommen?

Das Verhältnis der kubanischen Kirche zum Staat ist heute durch einen „Geist stärkerer Zusammenarbeit“ und „größeres Vertrauen“ gekennzeichnet, hielt Benedikt XVI. in seiner ersten Ansprache auf kubanischem Boden fest. Der ehemalige Nuntius auf Kuba, Erzbischof Angelo Becciu, nannte als Beispiel einer gelungenen Kooperation jüngst die Nothilfe für Kubas Bevölkerung nach dem Wirbelsturm 2008, die Staat und Kirche gemeinsam durchführten. Nicht wenige kubanische Politiker bewunderten die Kirche gerade für ihre karitative Kraft, so der Vatikanvertreter, der von 2009 bis 2011 auf der Insel tätig war.

Dass Kubas Kirche heute auch kritische Fragen zur Korruption in dem Land, zur mangelhaften medizinischen Versorgung in den Krankenhäusern und immer wieder auch zum harschen Vorgehen gegen Menschenrechtler stellen darf (so zum Beispiel im Magazin „Palabra Nueva“ des Erzbistums Havanna, das u.a. durch Johannes Pauls Besuch auf Kuba inspiriert wurde), ist ein „Luftholen“ - ein „Aufschrei“ ist es nicht. Dazu ist die Lage der Kirche auf Kuba zu delikat, schließlich hängt sie zum größeren Teil vom Wohlwollen der Landesführung ab.

So sprach Benedikt XVI. auf dem Flughafen von Santiago de Cuba auch die Religionsfreiheit auf Kuba an: Voranzukommen gelte es, so der Papst vor dem kubanischen Präsidenten, was die Wirkungsmöglichkeiten der Kirche in der Gesellschaft betrifft. Revolutionsführer Fidel Castro hatte 1962 die Verstaatlichung aller katholischen Schulen und Krankenhäuser angeordnet. Heute sind insgesamt nur zehn Schulen und zwei Hochschulen in katholischer Trägerschaft, katholische Krankenhäuser gibt es praktisch nicht, nur ein Paar Ambulanzen, Alten- und Invalidenheime. Bis zum Durchatmen der Kirche auf Kuba gibt es noch Einiges zu tun.


(rv 28.03.2012 pr)








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