Papst Benedikt war
schon einmal in Lateinamerika – und zwar im Jahr 2007 in Brasilien, wo er unter anderem
die Vollversammlung der katholischen Bischöfe Lateinamerikas und der Karibik in Aparecida
eröffnete. Vor allem der Papstappell für eine „Kultur des Lebens“ ist dabei der Welt
im Gedächtnis geblieben. Im Anschluss an Treffen von Aparecida wurde ein wegweisendes
Dokument zur Pastoral in Lateinamerika veröffentlicht. Ein Grundlagentext, der auch
die aktuelle Lateinamerikareise des Papstes tiefer verstehen lässt.
Hier eine
passende Lektüre, vorgestellt von Pater Bernd Hagenkord:
Es gibt viele Grundlagentexte,
die nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil von einzelnen Ortskirchen oder Verbünden
geschrieben wurden, neben den postsynodalen Schreiben der Päpste zu einzelnen Regionen
wie zuletzt zu Afrika gibt es etwa das Papier „Missionarisch Kirche sein“ der deutschen
Kirche oder die Ergebnisse des Prozesses „Apostelgeschichte 2010“ in Österreich. Unter
diesen Dokumenten haben die Texte der Generalversammlungen der lateinamerikanischen
Bischöfe immer herausgeragt, Puebla und Medellin waren zwei auch die übrige Kirche
prägende Versammlungen, die unter anderem die Option für die Armen formuliert haben.
Im
Mai 2007 haben sich die Bischöfe und viele Berater wieder versammelt, dieses Mal im
brasilianischen Aparecida. Benedikt XVI. hatte die zweiwöchige Versammlung eröffnet.
Ergebnis des Treffens war ein Dokument von knapp 300 Seiten, das bis heute die Pastoral
in Lateinamerika prägt. Es ist aber mehr als das. Es ist ein Dokument der Reflexion
und der Grundlagen. Ohne das Rad neu erfinden zu wollen sollte ein Weg für die Kirche
für alle verstehbar und nachvollziehbar formuliert werden. Und das ist geglückt.
Was
beim Lesen vor allem auffällt, ist die Dynamik, die sich durch den Text zieht. Es
ist keine bloße Rhetorik: die Kirche versteht sich als gegründet und gesandt, man
fordert die „Dynamik des Samariters“ für das eigene Tun. Jüngerschaft und Mission
seien zwei Seiten derselben Medaille, heißt es dort. Man sieht die Kirche in dieser
Dynamik des Rufes Jesu, der Folgen haben muss für das eigene Leben. Auffällig ist
weiterhin, dass einige Passagen in Gebetssprache verfasst sind. Es bleibt nicht bei
der abstrakten Analyse. Der Dank spielt eine wichtige Rolle, aber ebenso die Klage
über fehlenden Enthusiasmus, über die eigenen Mängel und Schattenseiten.
Herausgekommen
ist etwas, womit Christen nicht nur in Lateinamerika etwas anfangen können. Sehr klarsichtige
Analysen über die Zersetzungskräfte der Gesellschaft, aber auch Hoffnung für das eigene
Beten und Tun. Perspektiven nicht nur für die Kirche als Ganzes, sondern ganz konkret
für die einzelnen Gemeinschaften und Pfarreien, in denen Kirche lebt.
In seiner
Eröffnungsansprache hatte Benedikt XVI. von der „Kultur des Lebens“ gesprochen, die
auf der Förderung des ganzen Menschen beruhen müsse, was die Priorität des Glaubens
genauso umfasst wie das Beseitigen sozialer Ungerechtigkeiten. Das Dokument von Aparecida
will genau das umsetzen. Es lohnt sich ein Neu-Lesen, auch, aber nicht nur, anlässlich
der Papstreise in diesen Tagen.
Aparecida 2007. Schlussdokument der 5. Generalversammlung
des Episkopats von Lateinamerika und der Karibik. Übersetzt und herausgegeben von
der Deutschen Bischofskonferenz, Stimmen der Weltkirche Nr. 41. Ein Lesetipp von Pater
Bernd Hagenkord