Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, hat
„Besorgnis und großes Befremden“ über jüngste Äußerungen des saudi-arabischen Großmuftis
Abd al-Aziz Ibn Abdullah Al asch-Schaich zum Ausdruck gebracht. Auf eine Anfrage kuwaitischer
Abgeordneter zum Bau von Kirchen hatte der Großmufti erklärt, dass der Bau neuer Kirchen
auf der Arabischen Halbinsel unerlaubt sei. Auch sollten sämtliche Kirchen in diesem
Gebiet zerstört werden. Der hochrangige Rechtsgelehrte begründete diese Weisung, die
nicht im Koran zu finden ist, mit einem Ausspruch (Hadith) Muhammads. Erzbischof Zollitsch
bezeichnete es als „unerträglich“, dass durch solche Äußerungen eines führenden Religionsvertreters
die ohnehin labile Situation in der arabischen Welt weiter destabilisiert werde. Der
Großmufti lasse „jeden Respekt für die Religionsfreiheit und das friedliche Zusammenleben
der Religionen vermissen. Er verneint das Existenzrecht von Kirchen und Christen auf
der Arabischen Halbinsel“. Zollitsch wies darauf hin, dass der wirtschaftliche Aufschwung
der Arabischen Halbinsel, einschließlich von Saudi-Arabien, sich auch einer großen
Zahl ausländischer Spezialisten und Arbeiter verdankt, unter denen sich auch viele
Christen befinden. „Es wäre ein Schlag ins Gesicht dieser Menschen, wenn man ihnen
die wenigen christlichen Gottesdienststätten nehmen würde.“ Während in Saudi-Arabien
nach wie vor jegliche öffentliche Präsenz des Christentums untersagt ist, betreiben
einige der Nachbarländer auf der Arabischen Halbinsel in jüngster Vergangenheit eine
offenere Politik und erlauben auch den Bau christlicher Kirchen.
Erzbischof
Zollitsch erinnerte daran, dass der saudische König Abdullah Ibn Abd al-Aziz in den
zurückliegenden Jahren wiederholt seinen Wunsch nach einem Gespräch der Religionen
unterstrichen hat. So gingen ein Kongress zur Förderung des interreligiösen Dialogs
in Madrid (2008) und die Gründung eines interreligiösen Dialogzentrums in Wien (2011)
auf seine Initiative zurück. „Diese auf Ausgleich und wechselseitiges Verständnis
gerichtete Politik wird durch die Fatwa des obersten Muftis Saudi-Arabiens vollständig
konterkariert.“ Zollitsch forderte die hochrangigen politischen und religiösen Führer
in der muslimischen Welt auf, den Erlass des saudi-arabischen Großmuftis eindeutig
zurückzuweisen. Für die katholische Kirche in Deutschland gelte weiterhin: „Wir treten
mit Entschiedenheit für die Religionsfreiheit aller Menschen in unserem Land ein.
Und mit nicht geringerem Nachdruck fordern wir die gleichen Rechte für Christen in
jenen Ländern, in denen die Muslime die Mehrheit stellen.“