2012-03-22 13:02:05

Ein Gespräch mit dem deutschen Pfarrer von Mexiko-Stadt


RealAudioMP3 Am Freitag geht es los: Benedikt XVI. fliegt nach Lateinamerika, sein zweiter Besuch als Papst. Erstes Ziel der Reise ist Mexiko – aber nicht die Hauptstadt, sondern der zentral gelegene Bundesstaat Guanajuato, der katholischste des Landes, übrigens. „Ich freue mich als Katholik und als katholischer Priester darüber.“ Das sagt der Pfarrer der deutschsprachigen Pfarrei St. Thomas Morus in Mexiko-Stadt über Benedikts Besuch. Auch wenn Ralf Hirsch den Papst wohl nicht live sehen wird: „Wir haben eigentlich keine Beziehung zu dem Besuch, keine Einladung, keine Organisation einer Pilgerfahrt oder so…“ Dabei habe es ursprünglich geheißen, jede Pfarrgemeinde bekomme zwei Eintrittskarten zu einer Papstveranstaltung. „Davon hat man nie wieder etwas gehört. Es ist einfach eine sehr begrenzte Veranstaltung.“ Und das hängt vielleicht mit Sicherheitsgründen zusammen, so Hirsch im Gespräch mit dem Münchner Kirchenradio. Stichwort: Drogenkrieg. „Man muss einfach sagen, dass Teile des Landes sich nicht mehr in der Hand des Staates befinden, sondern in der Hand von kriminellen Gruppen.“

Die Kirche in Mexiko hat sich aus der Sicht von Pfarrer Hirsch „immer eindeutig positioniert“: und zwar mit der Bitte um ein Ende der Gewalt. „Dieser Appell bezieht sich mit Sicherheit einerseits auf diejenigen, die auf der Seite der kriminellen Organisationen Gewalt ausüben.“ Aber andererseits richte er sich auch an den Staat – der, vor allem der konservative Präsident, müsse sich fragen lassen, ob er die Drogengewalt nicht mit unverhältnismäßiger Gewalt bekämpfe. „Calderons Anti-Drogen-Konzept ist einfach geprägt von einer sehr massiven Konfrontation.“ Vielleicht dürfe man das aber „nicht einfach ihm in die Schuhe schieben“: „Er tritt sozusagen das Erbe von jahrzehntelanger Gleichgültigkeit an – und von Regierungen, die möglicherweise Geschäfte gemacht oder Pakte geschlossen haben mit kriminellen Organisationen.“ Wie auch immer: Es sei „im negativen Sinn beeindruckend, dass in dieser Auseinandersetzung bislang an die 60.000 Menschen gestorben sind“. „Man kann natürlich sagen, dass ein Großteil dieser Opfer Menschen waren, die beteiligt waren an der Problematik, und dass die Zahl der „unschuldigen Opfer“ doch sehr gering ist.“ Aber dem widerspricht der katholische Pfarrer: Schon ein Opfer sei zuviel, und der Drogenkrieg halte ganz Mexiko in Angst und Schrecken. „Und wenn der Papst dieses Land besuchen möchte, muss er dazu Stellung nehmen!“

Aber Vorsicht: Es sei ganz und gar nicht so, dass auf mexikanischen Straßen nur die Kugeln pfiffen. Er fühle sich sicher: „Die einzige Schlägerei in meiner beruflichen Karriere habe ich in einem Dorf bei Düsseldorf erlebt!“ Neun Jahre ist Hirsch jetzt in Mexiko-City, und nicht einmal habe er Gewalt erlebt. Allerdings: ein ständiges Thema, das sei die Gewalt schon. „Man muss sich einfach mal eine Stadt mit 20, 30 Millionen Menschen vorstellen! Wenn man sich einmal zehn herkömmliche deutsche Großstädte auf einem Haufen denkt, kann man sich schon vorstellen, dass es da auch zu Konfliktsituationen kommt…“ Zumal Mexiko auch von „radikaler Ungerechtigkeit geprägt“ sei, von der „ungleichen Verteilung der Güter“: „dass eben große Teile der Bevölkerung keine Chancen für ihre eigene Entwicklung sehen, während es eine relativ kleine Gruppe von Menschen gibt, die sich alles leisten können“. Dieses gesellschaftliche Potential „schreit natürlich geradezu nach Entladung in Gewalt“, findet Pfarrer Hirsch. „Gemessen daran, wie groß dieses Potential ist, kann man den Mexikanern schon bescheinigen, dass sie geradezu bewundernswert mit dieser Lage umgehen!“

Vom Besuch Benedikts erhofft sich der deutschsprachige Seelsorger aus Mexiko-Stadt eindeutige Worte: „im Sinne der Option für die Armen, im Sinne eines Bewusstseins der Notwendigkeit von Kirche, in dieser Situation für Frieden und Gerechtigkeit einzutreten“. Wenn der Heilige Vater zu klaren Worten und symbolträchtigen Gesten fände, wäre das gut für Mexikos Gesellschaft und für die Kirche. Sagt der Pfarrer von St. Thomas Morus. „Die Kirchengemeinde wird mit Sicherheit den Heiligen Vater im Gebet unterstützen und den ganzen Besuch mit Wohlwollen begleiten.“

(rv/münchner kirchenradio 22.03.2012 sk)







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