Österreich: Diskriminierung in Europa nicht totschweigen
85 Prozent aller Fälle
von Diskriminierungen sind gegen Christen gerichtet. Das hat eine Nichtregierungsorganisation
im vergangenen Jahr festgestellt. Das besondere daran: es handelt sich nicht um Fälle
von Intoleranz in Asien oder Afrika, sondern um Diskriminierungen in Europa, so der
Bericht der in Wien ansässigen „Beobachterstelle zu Intoleranz und Diskriminierung
gegen Christen in Europa“. Gudrun Kugler, die Leiterin der Beobachterstelle, betont,
man dürfe diese Fakten „in der öffentlichen Debatte nicht totschweigen“. Im Gespräch
mit Radio Vatikan geht Kugler auf die Lage der Christen in Europa ein.
„Wir
haben 2011 festgestellt, dass das Problem weiterhin am Wachsen ist. Während beispielsweise
unser Bericht 2010 vierzig Seiten hat, hat der Bericht 2011 bereits über sechzig.
Wir haben viel recherchiert, und es gibt jetzt auch Statistiken. Das ist sehr interessant,
da Statistiken erst angelegt werden, wenn das Problem stärker wahrgenommen wird –
es gibt z.B. Zahlen für 2011, die besagen, dass über 95 Prozent aller antireligiös
motivierten Gewalttaten in Schottland gegen Christen verübt würden. Das ist schockierend,
meint man doch immer, im Vordergrund stünde stets antisemitisch motivierte Gewalt
oder Islamophobie. Damit verbundene Gewalttaten sind aber verschwindend geringe Zahlen
im Vergleich zu den Gewalttaten gegen Christen.“
Die Arbeit der Beobachterstelle
hat dabei wohl auch dazu beigetragen, dass dieses Problem stärker in die Wahrnehmung
der Öffentlichkeit gerückt ist, so Kugler.
„Das Problem der Intoleranz und
Diskriminierung von Christen in Europa ist ein Problem, das man nur sehr schwer wahrnimmt,
da es so zersplittert ist – es hat viele verschiedenen Ursachen und Ausprägungsformen.
Insgesamt ein Phänomen, das ich nur dann verstehe, wenn ich alles gleichzeitig vor
mir sehe. Nur wenn ich alles in der Übersicht sehe, kann ich sagen, dass es sich hier
um ein Phänomen handelt und ein Muster vorliegt. Wir haben durch unsere Recherchearbeit
über 620 Fälle individuell recherchiert und dokumentiert und anhand dieser Fälle ein
Muster aufgezeigt. Dadurch entsteht nun eine öffentliche Debatte. Wir haben mit vielen
internationalen Institutionen gearbeitet, wie z. B. OSZE, auch mit der Grundrechtagentur
der europäischen Union. Wir haben unseren Bericht 2010 im europäischen Parlament vorgestellt,
und den diesjährigen Bericht auch in der europäischen Kommission sowie wieder im europäischen
Parlament. All das initiiert eine öffentliche Debatte und diese Debatte ist der erste
und unerlässliche Schritt hin zu einer Lösung.“
Hintergrund Die
Beobachterstelle ist eine Nichtregierungsorganisation, die Fälle von Diskriminierung
gegen Christen in Europa sammelt, die von den Medien oder von Einzelpersonen gemeldet
werden. Sie informiert internationale Regierungsorganisationen wie die Agentur der
Europäischen Union für Grundrechte und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit
in Europa (OSZE) über ihre Untersuchungen und arbeitet eng mit der Europäischen Bischofskonferenz
zusammen.