Papst Benedikt, der
Denker, hat ihn angeregt. Kardinal Ravasi, der „Macher“, hat ihn umgesetzt: den „Vorhof
der Völker“, jene wandernde Begegnungsstätte zwischen Glaubenden und Nichtglaubenden,
die der päpstliche Kulturrat seit genau einem Jahr in verschiedenen Metropolen Europas
und außerhalb veranstaltet. Es sind große Debattenforen über verschiedene Themen,
die das Zusammenleben zwischen weltanschaulich heterogenen Gruppen betreffen, Foren
für Intellektuelle, gewiss, die sich punktuell aber auch Jugendlichen und allen anderen
Interessierten öffnen. Der nächste „Vorhof der Völker“ findet Ende März in Palermo
statt, und er wird im Zeichen der Mafia stehen. Kardinal Gianfranco Ravasi erklärt
im Gespräch mit uns:
„Palermo ist bedeutsam und auch originell wegen der
beiden Stränge, die sich im Titel unserer Begegnung verflechten: Kultur der Legalität
und multireligiöse Gesellschaft. Einerseits also das soziale Profil, die Legalität,
die ununterbrochen von der Welt der Laien, Zivil, Politik, dekliniert wird. Die Legalität
geht aber auch die spirituelle und religiöse Welt etwas an. Denken wir an die Märtyrer
der Mafia, für die Palermo geradezu ein Sinnbild ist. Andererseits war Sizilien, wie
seine Baudenkmäler zeigen, immer ein Kreuzungspunkt der Kulturen. Es ist in sich ein
Zeugnis der Multireligiosität, des interreligiösen Dialogs.“
Die Wahl des
Ortes Palermo für den nächsten Vorhof der Völker zeigt den Willen der Kirche, ihren
Einsatz gegen illegales Verhalten und „jede Degeneration des Rechts" wieder zu beleben,
erklärte Ravasi. Er erinnerte daran, dass die Mafia längst eine sehr vielgestaltige
Realität ist.
„Wenn man von der Mafia spricht, weiß man doch, dass das
heute eine Definition von Phänomenen der Kriminalität, der Verletzung von Legalität
und Recht ist, die Dimensionen weit jenseits der sizilianischen Mafia hat. Denken
wir an die japanische Mafia. Wir müssen aber auch sagen, dass in der Stadt Palermo
eine bestimmte Betriebsamkeit, ein Ferment da ist, da können wir von Institutionen
wie der Antimafia reden, aber auch von pastoralen Zeugnissen. Viele solcher Einrichtungen
werden übrigens am letzten Abend, der den Jugendlichen offen steht, anwesend sein.
Sie zeigen, wie grundlegend die kirchliche moralische religiöse Dimension für den
Schutz des Rechtes ist. Besonders weil der Schutz des Rechtes über das Gewissen des
Einzelnen läuft. Und so lang man nicht ein neues Volk gebiert, besonders über den
Weg der Bildung und der Jugendarbeit, kann man nicht wirklich sagen, dass sich eine
neues Zeitalter einer besseren Zivilisation als die heutige auftut.“
Der
Vorhof der Völker startete im März 2011 in Paris und gastierte seither unter anderem
in Bukarest, Tirana und Rom.