2012-03-16 12:32:16

Minderheiten im Fadenkreuz: „Die Christen zahlen den höchsten Preis“


RealAudioMP3 Zwanzig Jahre ist die UNO-Erklärung zu den Rechten von Minderheiten jetzt alt: An der Verfolgung von Minderheiten in vielen Staaten hat das nichts geändert. Erzbischof Silvano Maria Tomasi, Vertreter des Heiligen Stuhles bei der UNO in Genf, hat in diesen Tagen die Beratungen des UNO-Menschenrechtsrates zum Thema Minderheiten verfolgt und den Standpunkt der Kirche erläutert. Das Thema liegt dem Vatikan sehr am Herzen: Schließlich sind Christen in Ländern wie Pakistan, Irak oder Syrien selbst eine Minderheit und stehen häufig unter Druck.

„Die ethnischen, religiösen oder sprachlichen Minderheiten sind sich heute in der Regel ihrer Rechte besser bewußt als noch vor zwanzig Jahren. Gleichzeitig lassen die Verletzungen ihrer Rechte aber nicht nach, im Gegenteil: Sie werden immer noch gewaltsam an den Rand gedrängt oder ins Exil gezwungen, man verweigert ihnen den Zugang zur staatlichen Verwaltung, zu öffentlichen Ämtern usw. – dabei sind diese Gruppen genau besehen gar keine Last oder Bedrohung für die Länder, in denen sie leben, sondern eine kulturelle und soziale Bereicherung, vorausgesetzt man versteht ihre Rolle.“

Tomasi fasst es philosophisch: Eine Person für sich könne nicht sie selbst sein, sie brauche die Beziehung zu anderen. Und genauso sei es auch mit einem Staat. Aber dann wird der Vatikan-Erzbischof auch konkret:

„Ich habe mich ein wenig aus dem Fenster gelehnt und vorgeschlagen, dass der UNO-Sonderberichterstatter für dieses Thema die Begriffe Mehrheit und Minderheit aus seinen Berichten einfach einmal herauslässt. Denn aus Sicht der grundlegenden Menschenrechte sind doch alle gleich an Rechten und Pflichten vor dem Staat, und umgekehrt aus Staatsperspektive verhält es sich genauso! Ganz egal, welche Identität jemand aus historischen, sprachlichen, ethnischen oder religiösen Gründen hat. Unsere Richtung heißt: Jeder Bürger an sich muss zunächst einmal respektiert werden als jemand, der unveräußerliche Rechte hat. Alles andere, auch alle sozialen Einordnungen, kommen später und können nicht an diesen grundsätzlichen Vorrang rühren.“

„Volle Staatsbürgerschaft“ – das ist auch die Hauptforderung, die sich nach langen Begriffsdebatten im Oktober 2010 auf der Nahost-Sondersynode im Vatikan herausgeschält hat. Die Bischöfe aus Nahost-Ländern, in denen Christen in der Regel eine kleine und oft bedrohte Minderheit sind, hätten damals nicht gedacht, wie aktuell ihre Forderung in einem plötzlich aufbrechenden Arabischen Frühling sein würde. Erzbischof Tomasi sagt:

„In diesem Moment sind es die christlichen Minderheiten, die den höchsten Preis zahlen. Minderheiten, die vor allem im Nahen Osten, in Nordafrika und in einigen indischen Bundesstaaten leiden. Sie werden dezimiert oder vertrieben, sie finden keine Möglichkeit, in der Gesellschaft zu überleben, zu der sie eigentlich gehören. Weitere Minderheiten, die unter Vorurteilen leiden, sind Emigranten – auch in Europa, wo sie wegen ihrer afrikanischen Herkunft oder ihrem Bekenntnis zum Islam oft an den Rand der Gesellschaft bzw. buchstäblich in die Peripherie einiger Großstädte abgedrängt werden.“

(rv 16.03.2012 sk)








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