Der Vatikan auf der Geldwäsche-Liste: „Eine gute Nachricht“
„Die USA setzen den Vatikan auf die Liste der Geldwäsche-Staaten“. So oder ähnlich
lauteten Schlagzeilen in der vorigen Woche. Der Subtext war eindeutig: Der Vatikan
hat seine undurchsichtigen Finanzen allen anderslautenden Beteuerungen zum Trotz immer
noch nicht im Griff – so ordnet die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) den Vorgang
in einem Hintergrundbericht ein, der freilich zu anderen Schlüssen gelangt.
Anlass
für diese Berichte war die Veröffentlichung des jährlichen „International Narcotics
Control Strategy Report“ zur Drogenkriminalität durch das US-Außenministerium. Erstmals
ist in der Liste der Staaten, die wegen des Verdachts auf Geldwäsche beobachtet werden,
auch der Heilige Stuhl aufgeführt. Die Sache schien zunächst klar. Die Meldungen fügten
sich gut in das Bild, das zuletzt durch einige in die Öffentlichkeit gelangte vertrauliche
Dokumente über Miss- und Vetternwirtschaft sowie Geldverschwendung im Schatten des
Petersdoms bestätigt worden war. Bis sich Vatikansprecher Federico Lombardi SJ zu
Wort meldete: Die Aufnahme des Heiligen Stuhls in besagte Liste sei eine „gute Nachricht“
und keineswegs Anlass zur Besorgnis.
Will der ausgefuchste PR-Profi Lombardi
einfach das Beste aus einer verfahrenen Sache machen oder muss man den Text tatsächlich
nur „richtig lesen“? Die Liste samt Erläuterungen ist jedermann auf der Webseite des
State Departments in Washington zugänglich. Schon ein kurzer Blick genügt um zu sehen,
außer dem Heiligen Stuhl sind keineswegs nur Albanien und Aserbaidschan aufgeführt.
Dass insgesamt 68 Länder unter Beobachtung stehen, meldeten die Medien anfangs zumeist
noch. Dass sich darunter aber nicht nur die üblichen Verdächtigen finden, sondern
auch Staaten, die gemeinhin nicht für eine laxe Gesetzgebung bekannt sind, fiel bisweilen
unter den Nachrichtentisch.
So sind etwa auch Deutschland, Österreich und
Frankreich in dem Bericht in der Kategorie „Countries of Primary Concern“ eingruppiert,
der Heilige Stuhl gilt hingegen nur als „Country of Concern“. Welche Aussagekraft
hat vor diesem Hintergrund noch der Umstand, dass der Vatikan jetzt erstmals in dieser
Liste aufgeführt ist? Aus den Erläuterungen des Berichts geht hervor, dass für die
Eingruppierung eines Landes nicht allein der Stand der Anti-Geldwäsche-Gesetzgebung
ausschlaggebend sei. Manche Staaten würden schon allein aufgrund ihrer großen Wirtschaftskraft,
die eine vollständige Finanzkontrolle erheblich erschwert, aufgelistet.
Dem
Heiligen Stuhl bescheinigt das US-Außenministerium in 5 von 21 begutachteten Kategorien
Nachholbedarf. Drei davon betreffen jedoch internationale Abkommen, denen der Vatikan
erst im Januar beigetreten ist, was bei der Erstellung des Berichts nicht mehr berücksichtigt
werden konnte. Unter den verbleibenden zwei Beanstandungen betrifft eine den noch
ausstehenden Beitritt zur UN-Konvention gegen Korruption aus dem Jahr 2003. In allen
übrigen Kategorien hat der Heilige Stuhl jeweils ein „Y“ erhalten: Das heißt, entsprechende
Gesetze sind in Kraft getreten. Es bedeutet allerdings nicht automatisch, dass internationale
Standards vollständig erfüllt werden. Laut Lombardi ist die Aufnahme in die Liste
als „Country of Concern“ ein normaler Vorgang für Staaten, die wie der Vatikan gegenwärtig
vom Expertenkomitee für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung
„Moneyval“ begutachtet werden.
Spannender dürfte im Sommer die Frage sein,
ob der Heilige Stuhl in die „Weiße Liste“ aufrückt. In dieser finden sich jene Staaten,
die hohe internationale Standards im Kampf gegen Geldwäsche und dubiose Geldgeschäfte
einhalten. Auf diese Liste zu gelangen, ist erklärtes Ziel des Heiligen Stuhles. Papst
Benedikt XVI. hat zu diesem Zweck neue Verordnungen gegen Geldwäsche erlassen, die
vor rund einem Jahr in Kraft traten.