2012-03-14 15:30:01

Uganda: Kirche hilft Kindersoldaten


RealAudioMP3 Mit gemischten Gefühlen sieht die Kirche des Landes die politische Aktion der Nichtregierungsorganisation „Invisible Children“. Im Zentrum des Interesses steht dabei das von der Organisation gedrehte und vertriebene Video „Kony 2012”, mit dem diese auf die Situation von afrikanischen Kindersoldaten aufmerksam macht und für eine Verhaftung des ugandischen Kriegsherrn Joseph Kony plädiert. Die Diskussion wird momentan vor allem über das Internet stark verbreitet. Kony war seit 1986 für die gewaltsame Rekrutierung von mehreren tausend Kindersoldaten verantwortlich. Die Kirche vor Ort war stets bemüht, gegen die Gewalt und den Missbrauch der Kinder als Soldaten einzuschreiten, wie der Bischof der nordugandischen Diözese Lira, Giuseppe Franzelli, im Interview mit Radio Vatikan erklärt:

„Wir interessieren uns nicht erst jetzt für das Schicksal dieser Kinder, seit der Westen sich wieder einmal an diese Kinder erinnert hat. Wir sind seit Jahren mit diesem Problem beschäftigt, und zwar mit der Einrichtung von Aufnahmezentren, aber auch mit unserem diözesanen Radiosender „Radio Wa“, der versucht, den Kindern die Nachricht zu vermitteln, dass sie daheim willkommen sind und zurückkehren sollen. Die Nachrichten werden von ehemaligen Kindersoldaten gesendet, die es bereits geschafft haben, zu entkommen und denen nun im Zentrum die Möglichkeit gegeben wird, ihre Schulbildung wieder aufzunehmen, die von den Kriegsherren unterbrochen wurde. Das Ergebnis ist, dass nach und nach die meisten der Kindersoldaten zurückgekommen sind. Während ihrer Wiedereingliederung sind sie unter ständiger Betreuung, da sie nicht nur durch die Gewalt, die sie erlitten haben, traumatisiert sind, sondern auch dadurch, dass sie selbst gezwungen worden sind, Gewalt auszuüben.“

Die Kirche begleitet den Wiederaufbau von Norduganda in mehreren Phasen. Zunächst ging es darum, zerstörte Infrastrukturen wieder aufzubauen; jetzt, da sich die Kampfhandlungen aus Norduganda in andere Gegenden Afrikas verlagert haben, geht es an die diffizilere Art des Wiederaufbaus, nämlich den Wiederaufbau der zerstörten Seelen.

„Nun, da diese Attacken aufgehört haben, müssen wir uns um die moralische und spirituelle Freiheit der Menschen kümmern. Diesen eine Hoffnung und den Sinn der eigenen Würde, des eigenen Wertes wiederzugeben. Und es ist in diesem Sinne, dass jetzt eine Evangelisierung wichtiger als je zuvor ist. Es ist eine gute Nachricht, dass Gott unser aller Vater ist und dass wir alle Brüder und Schwestern sind, die lernen müssen, miteinander als Familie zu leben. Die erste Afrikasynode hat von der „Kirche als Familie Gottes“ gesprochen: dies ist die große Herausforderung, der wir uns als Kirche gegenüber sehen, wenn auch in einer schwierigen Situation aufgrund des Personalmangels sowie des Fehlens von Mitteln.“

Die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit wurde auch und vor allem durch das Video erregt, das die Organisation „Invisible Children” gedreht hat. Diese Initiative wird von der Kirche und anderen Organisationen vor Ort nicht uneingeschränkt positiv gesehen. Der Bischof lädt zu einer differenzierten Sicht auf diese Aktion ein:

„Es handelt sich hier um einen medialen Akt von enormer Bedeutung. Er ist sicherlich positiv, weil er die Aufmerksamkeit auf eine Tragödie lenkt, die immer mehr riskiert, vergessen zu werden, nachdem die Präsenz der Rebellen wenigstens hier in Uganda nachlässt. Bei uns ist diese Initiative gemischt aufgenommen worden: Ich würde sagen, dass fast das Gefühl des „Überdrusses“ bei denjenigen vorherrscht, die nicht möchten, dass ihr Volk in dieser Art und Weise präsentiert wird, aber auch bei den Opfern selbst, zumindest was die Bevölkerung im Norden des Landes betrifft. Die Dinge, die gesagt werden, sind wahr, aber eben nicht die ganze Wahrheit. Es gibt viele Facetten des Problems, die beleuchtet werden sollten, denn die Verantwortung für die Grausamkeiten liegt nicht nur bei den Rebellen, sondern es gibt auch andere Verwicklungen, wie das in Kriegssituationen immer passiert. Außerdem ist da dieser strittige Punkt des vielen Geldes, das für die Werbung und die Unterstützung der Organisation gespendet wird. Davon kommt nur ein kleiner Bruchteil direkt den Opfern der Katastrophe zugute, die sich aber im Gegenzug der Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit ausgesetzt sehen.“

Das Video „Kony 2012” ist von Jason Russel, einem der Gründer von „Invisible Children“, gedreht worden. Die Organisation bemüht sich seit 2006 darum, auf das Schicksal der Kindersoldaten in den afrikanischen Konflikten aufmerksam zu machen. Auf Youtube ist das Video innerhalb weniger Tage mehrere Millionen Mal hochgeladen worden und hat einen wahren Hype im Web und den Social Networks ausgelöst. Wiederum im Internet wurden aber auch Zweifel über die Absichten der Organisation und ihre mangelnde Transparenz laut. Positiv ist dabei wohl hervorzuheben, dass die Jagd auf Bandenchef Joseph Kony, an dessen Fersen sich eine US-Spezialeinheit geheftet hat, durch das Video eine große Anzahl von Unterstützern bekommen hat.

(rv 14.03.2012 cs)








All the contents on this site are copyrighted ©.