Italiens Medienlandschaft
droht eine weitere Verarmung und noch mehr Show statt Information. Das fürchten Exponenten
katholischer Medien. Einige von ihnen haben – zusammen mit kleineren säkularen Medien
– nun an das italienische Staatsfernsehen RAI einen offenen Brief geschrieben, in
dem sie gegen die geplante Schließung mehrerer Korrespondentenbüros in Entwicklungsländern
protestieren. Der Direktor der katholischen Tageszeitung Avvenire, Marco Tarquinio,
sagte uns:
„Wir beobachten in der italienischen Medienlandschaft insgesamt,
dass die Fähigkeit dramatisch abnimmt, den Italienern über die großen Vorgänge in
der Welt die Augen zu öffnen. Das gilt für Fernsehen, Print und Radio gleichermaßen.
Wir sind in einem Land, das eine Art Abrüstung der Information über die Welt betreibt.
Wären da nicht die katholischen Medien, würde da schon jetzt eine große Lücke klaffen.“
Besonders
kritisiert der Leiter von Avvenire, dass die RAI zwar einerseits finanzielle Gründe
für die Schließung von Auslandsbüros geltend macht, für Unterhaltungsprogramm aber
jederzeit Geld findet.
„Mit Blick auf die nachrichtliche Information der
RAI besonders aus den Entwicklungsländern habe ich schon mehrmals darauf verwiesen,
wie hoch die Honorare sind, die der Staatssender den „großen Fernseh-Stars“ zahlt.
Dieses Ungleichgewicht ist nicht gerecht. Wir leben aktuell in einer Zeit hoher Opferbereitschaft
in unserem Land. Zu hören, dass die RAI Hunderttausende Euro für Auftritte ausgibt,
die vielleicht irgendwie ihren Sinn haben, aber nichts Substantielles hinzufügen,
spricht für sich selbst, und sicher nicht im Positiven.“
Das Medienangebot
der RAI wird immer seichter, lokale Chronik-Berichte verdrängen Nachrichten aus der
Welt, beklagt der Avvenire-Mann.
„Die Wirklichkeit der Chronik, des Klatsch-Journalismus
und der Neuigkeiten aus der Glamour-Welt ist die große bunte Lawine, die dazu beiträgt,
grundlegende Fragen aus den Augen zu verlieren. Fragen wie die nach dem wirtschaftlichen
Gleichgewicht der Welt, nach den großen Themen der Lebensethik, die daraus entstehen,
die Frage der zerstörung von Arbeitsplätzen. Diese Krise hat allein in der industrialisierten
Welt schon 30 Millionen Arbeitsplätze gekostet. Das sind die Themen, die ich bevorzugen
würde.“ (rv 06.03.2012 gs)