2012-03-05 13:11:05

Nahost: „Nicht heuchlerisch und nicht hysterisch“


RealAudioMP3 „Tod den Christen“, „Griechen raus“, und „Ihr seid angezählt“: Solche hebräischen Graffiti verunstalteten im Februar das orthodoxe Heilig-Kreuz-Kloster in Jerusalem sowie ein davor parkendes Auto. Unbekannte Sprayer hatten sich da, nur wenige Schritte von der Knesset entfernt, über Nacht ausgetobt. Baut sich in Israel eine anti-christliche Stimmung auf, zumal die dortigen Christen in der Regel Araber sind? Alles halb so wild, sagt uns der italienische Franziskaner Pierbattista Pizzaballa; er ist der Kustos des Heiligen Landes.

„Das ist nicht etwa eine neue Spannung, die da auftritt, sondern leider etwas sehr Häufiges. Das Neue ist diesmal, dass man jetzt mehr davon redet, weil die Christen angefangen haben, stärker mit einer Stimme zu sprechen, und dadurch werden sie auch lauter gehört. Die Mehrheit der israelischen Gesellschaft ist empört über diese Episoden und solidarisiert sich mit den Christen: Da ist ein Prozess des Bewusstwerdens in Gang gekommen, dass diese Vorfälle aufhören müssen.“

Nicht das Unwesen von Sprayern bereitet dem Kustos Kopfzerbrechen, sondern eher die Lage seiner Glaubensbrüder in den Ländern des so genannten Arabischen Frühlings.

„Es gab und gibt eine Verfolgung von Christen, es wird sie auch künftig geben: Das ist ein Zeichen für die Instabilität der Region, für schwache Regimes und natürlich auch für extremistische Bewegungen, die auf eine ausgesprochen komplexe Situation (die auch noch von Land zu Land im Nahen Osten sehr verschieden ist) eine sehr einfache Antwort geben und damit attraktiv sind. Aber die Christen sollten sich nicht aus den Veränderungsprozessen dieser Länder herausdrängen lassen! Sie sollten keine Angst haben, und sie sollten sich weder heuchlerisch-friedfertig geben noch sich als hysterische Opfer aufführen.“

Stattdessen sollten sie, so hofft Pater Pizzaballa, mitkämpfen für eine neue Form von Staatsbürgerlichkeit. Diese neue Form bilde sich derzeit allmählich heraus – auch wenn dieser Prozess nach seiner Schätzung noch viele Jahre dauern wird.
(rv 05.03.2012 sk)








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