2012-03-05 14:54:28

Irland: "Missbrauchsprävention muss weiter gehen"


RealAudioMP3 Der Missbrauchsskandal ist nicht vorbei, unsere Wachsamkeit darf nicht nachlassen, Kinderschutz muss weiter oberste Priorität haben. Daran hat der Primas von Irland, der Dubliner Erzbischof Diarmuid Martin, kurz vor Beginn der Frühjahrsvollversammlung der irischen Bischöfe erinnert. Er äußerte sich in einem Interview mit dem amerikanischen Fernsehsender CBS, das am Sonntag ausgestrahlt wurde.

Zurücklehnen kann sich die irische Kirche nicht, ja das wird sie wohl nie mehr können, lässt der Dubliner Erzbischof im Interview mit CBS durchblicken: Probleme im Zusammenhang mit dem Missbrauchsskandal sind keineswegs gelöst, erinnert jener Kirchenmann, der schon kurz nach Bekanntwerden der Missbrauchsfälle den Skandal ungeschönt beim Namen nannte. Und so klingt Diarmuid Martins Statement im amerikanischen Fernsehen dann auch wie sein Wunschmotto für Irlands katholische Kirche, deren Oberhirten sich ab diesem Montag zur Frühjahrsvollversammlung treffen:
„Es gibt heute die echte Gefahr, dass die Leute sagen: Der Missbrauchsskandal ist vorbei, lasst uns doch nach vorne schauen, weitergehen. Er ist nicht vorbei. Kinderschutz muss für den Rest unserer Tage und in Zukunft weitergehen, denn das Problem gibt es immer noch.“

Nach Vorwürfen gegen die irische Kirche wegen einer mutmaßlichen Vertuschung der Missbrauchsfälle hatte der Heilige Stuhl eine apostolische Visitation in den einzelnen Diözesen des Landes eingeleitet. Das Ergebnis dieser Untersuchung steht noch aus. Offen ist auch noch, ob Papst Benedikt die Einladung zum Internationalen Eucharistischen Weltkongress dieses Jahr in Dublin annehmen wird. Ein Papstbesuch bei dem Kongress vom Juni hätte die krisengeschüttelte irische Kirche endlich wieder in ein besseres Licht rücken können, hoffte so mancher Kirchenvertreter. Erzbischof Martin kann dem nicht allzuviel abgewinnen: Ohne weitere innere Erneuerung der Kirche sei ein Papstbesuch in Irland kein „signifikanter Gewinn“, sagte der Erzbischof laut dem irischen Fernsehsender RTE. Für Martin sind die Verluste in Folge des Missbrauchsskandals nicht zu übertünchen – und der Erzbischof denkt da nicht nur an die seelischen Schäden der Opfer, sondern auch an innerkirchliche Folgen:

„Das sind wirklich enorme Schäden, vielleicht ist es kein Bruchpunkt, aber ganz sicher ein Umbruchspunkt, unsere Kirche befindet sich in einem sehr schwierigen Stadium. (…) Als ich damals als junger Mann in das Dubliner Priesterseminar kam, gab es 120 andere Priesterkandidaten, und das Seminar wurde räumlich vergrößert. Heute habe ich zehn Seminaristen - naja, zehn wirklich gute.“
„Dieser Bericht wird uns alle und die Kirche in Dublin demütiger machen“, hatte Erzbischof Martin damals prophezeiht, als der Murphy-Report in Irland veröffentlicht wurde. Er hatte auch davor gewarnt, dass der Preis des Schweigens ein enormer Glaubwürdigkeitsverlust der Kirche sein werde. Er selbst hatte versucht, dem Schrecken mit rigoroser Aufklärungsarbeit entgegenzuwirken und arbeitete von Anfang an mit den staatlichen Behörden zusammen:
„Ich habe der Murphy-Untersuchungskommission in der Erzdiözese Dublin allein über 65.000 Dokumente übergeben. Das Material war da, es lag in meinen Archiven.“
In diesen Akten war von Priestern zu lesen, die bis zu einhundert Kinder missbrauchten. In einem anderen Fall hatte ein Geistlicher Kinder über 25 Jahre hinweg zweimal im Monat missbraucht. Erzbischof Martin glaubt, dass tausende Kinder in Irland Ähnliches erlebten. Als Seelsorger ist ihm durchaus bewusst, dass die meisten Fälle erst Jahre später überhaupt zur Sprache kamen bzw. immer noch kommen:

„Bei Missbrauch löst nicht nur der konkrete sexuelle Akt Horrorvorstellungen bei uns aus. Sexueller Missbrauch von Kindern bedeutet totaler Machtmissbrauch. Er bedeutet, einem Kind zu sagen: Ich kontrolliere dich. Und das heißt übersetzt: Du bist wertlos.“

(rv 05.03.2012 pr)








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