„Das neue Aufkommen von Gräben zwischen den Nationen Europas ist verstörend.“ Das
sagt der Münchner Kardinal Reinhard Marx. Er sei besorgt über den Zustand der europäischen
Einigung, so Marx vor seinem Diözesanrat in Bad Aibling. „Durch die Turbulenzen der
Ereignisse betonen wir die Grenzen, das Andere, stärker als das Gemeinsame.“ Die katholischen
Christen hätten dagegen den Auftrag, auch in der Politik das Universale, die europäische
Idee, zu befördern und sie sich nicht wegnehmen zu lassen. Er appellierte an die Vertreter
der katholischen Laien, sich verstärkt um das Thema Europa zu kümmern.
In seiner
Rede ging der Kardinal auch auf die Debatte um einen Verkauf des Weltbildkonzerns
ein. „Es bleibt dabei, dass eine Trennung sinnvoll ist“, sagte Marx. Allerdings sei
es sozialethisch wichtig, die Interessen der Mitarbeiter im Blick zu behalten: „Ich
lasse mir nicht nachsagen, dass mich das nicht interessiert.“ Er äußerte Verständnis
für den Wunsch der Mitarbeiter nach einem Tarifvertrag, „um Schutz zu haben bei Verkauf
und Trennung“. Bei der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in
Regensburg sei deutlich geworden, dass der neue Aufsichtsrat „volles Vertrauen“ genieße.
Zum Reformprozess in seinem Erzbistum unter der Überschrift „Dem Glauben Zukunft
geben“ sagte Marx, als Bischof habe er kein Verbot auszusprechen, Themen zu behandeln.
„Strittige Fragen wollen wir nicht ausklammern, aber wir sollten nicht nur auf das
sehen, was nicht lösbar ist“, erklärte der Kardinal. Er bekräftigte das Vorhaben,
zunächst mit drei Schwerpunktthemen die Reform zu beginnen: einer Ehrenamtsakademie,
den Pastoralplänen und der Seelsorge für Wiederverheiratete. „Das Thema der wiederverheirateten
Geschiedenen bewegt die ganze Deutsche Bischofskonferenz, da sind wir nicht allein“,
so Marx wörtlich. Er gehe davon aus, dass diese Frage beim Dialogprozess der Bischofskonferenz
auf der Tagesordnung bleiben werde. Der Erzbischof kündigte an, dass er die diözesanen
Teilnehmer für die nächste Dialogveranstaltung erneut „nicht alleine, sondern einvernehmlich
mit den Räten“ auswählen werde.