Rechtsextremismus verleugnet und verletzt die wesentlichen Grundsätze, die das Christentum
ausmachen. Das hob der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschlands, Präses
Nikolaus Schneider, am Samstag in Aachen bei einer Tagung in der Katholischen Akademie
hervor. Diese Grundsätze des Christentums seien gemäß der Bibel die Gleichheit aller
Menschen als Geschöpfe Gottes, ihre Gottebenbildlichkeit, die Verpflichtung gegenüber
Bedürftigen, die bleibende Erwählung des Volkes Israel sowie die grundsätzliche Überschreitung
von ethnischen, sozialen und geschlechtsspezifischen Grenzen. Ein biblisch-theologisch
fundierter Glaube rufe Christen und Kirchen in Widerspruch und Widerstand gegen alle
Formen von Rechtsextremismus, zu denen auch der so genannte neue Rechtsextremismus
zähle. Dessen Kennzeichen sei, dass er häufig unter dem Deckmantel der Fürsorge auftrete:
„Besonders im Osten Deutschlands sind die Rechtsextremen auch oft ‚Kümmerer’, das
heißt, sie helfen Menschen in Not“, so Schneider. Es sei beunruhigend, dass sich dieser
neue Rechtsextremismus in den vergangenen Jahren bis hinein in die Mitte der Gesellschaft
ausgebreitet habe. Einem NPD-Verbot gegenüber zeigte sich Schneider dennoch skeptisch,
da der Ausgang eines solchen Verfahrens fraglich sei und eine gescheiterte Klage ungewollt
als Legitimation der Gegenseite missbraucht werden könnte. Schneider wörtlich: „Vorrangig
sollten wir um diejenigen Menschen ringen und ihre Herzen und Köpfe zu gewinnen suchen,
die rechtsextremistische Parteien wählen.“ Leider mache Rechtsextremismus auch
vor Kirchgemeinden nicht halt, so Schneider. Zwar sei parteipolitisches Engagement
kirchlicher Amtsträger grundsätzlich erlaubt. Allerdings setze das Mäßigungsgebot
der politischen Betätigung dort eine Schranke, wo die Glaubwürdigkeit kirchlichen
Handelns beeinträchtigt werde, betonte der Ratsvorsitzende. Das gelte für ehrenamtliche
kirchliche Mitarbeiter ebenso wie für hauptamtliche. Bereits die Mitgliedschaft in
einer rechtsextremistischen Partei sei geeignet, die Glaubwürdigkeit zu beeinträchtigen,
weil das Parteiprogramm und das politische Handeln der Partei im Widerspruch zu Grundaussagen
der Bibel stünden. „Das heißt ganz klar: Die Kirchen müssen in ihren eigenen Reihen
weder bei haupt-, noch bei ehrenamtlichen Mitarbeitenden dulden, dass diese gleichzeitig
in einer rechtsextremistischen Partei aktiv sind. Ja, sie dürfen es nicht dulden!“
(idea 04.03.2012 sk)