2012-03-01 13:47:58

Vatikan/Syrien: „Politischer Wechsel allein genügt nicht“


RealAudioMP3 Auf der Sitzung des UNO-Menschenrechtsrates in Genf hat der Heilige Stuhl für die Einrichtung einer humanitären Hilfsbrücke nach Syrien gedrängt. Während das Assad- Regime im Land weiter massiv gegen die Opposition vorging, forderte die Mehrheit der 47 Mitgliedsstaaten Damaskus in einem Resolutionsentwurf dazu auf, zumindest den Hilfsorganisationen Zugang zur Bevölkerung im Land zu gewähren. Der Vatikan-Beobachter bei den Vereinten Nationen in Genf, Erzbischof Silvano Maria Tomasi, brachte in die Sitzung des Menschenrechtsrates den Appell Papst Benedikts ein. Er fasst im Interview mit Radio Vatikan zusammen:
„Der Heilige Stuhl hat sich in Genf für humanitäre Lösungen ausgesprochen und seine Sorge um die Opfer der Gewalt in Syrien zum Ausdruck gebracht. Wir rufen dringend dazu auf, die Gewalt zu stoppen und den Weg zu öffnen für Dialog, Versöhnung und eine ehrliche Suche nach Frieden. Wir haben in den letzten Jahrzehnten oft genug gesehen, dass Gewalt neue Gewalt hervorbringt. Und es ist nie zu spät, Gewaltanwendung zu unterbinden! Weiter fordern wir eine konkrete Möglichkeit, humanitäre Hilfen, Medizin und Ärzte zu den verletzten oder kranken Menschen in die Gegenden bringen zu können, die noch unter Beschuss sind, so etwa nach Homs.“
Der Heilige Stuhl habe in Genf auch seine Sorge um die Zukunft des interreligiösen Zusammenlebens in Syrien zum Ausdruck gebracht, berichtet Erzbischof Tomasi weiter. Das Land könne auf eine lange Tradition eines im Großen und Ganzen friedlichen Zusammenlebens zurückblicken. Man müsse mit allen gesellschaftlichen Gruppen und den religiösen Minderheiten – mit Sunniten, Schiiten, Alawiten, Kurden und Christen – nach einer Zukunft für Syrien suchen, erinnert der Vatikanvertreter. Sonst drohe ein Horror-Szenario für religiöse Minderheiten wie derzeit im Irak. Überhaupt dürfe man jetzt keine Schnellschüsse machen, warnt Tomasi, es brauche bedachte Lösungen mit Weitblick:„Ich denke, es wäre wirklich verantwortungslos, wenn man nur an eine schnelle politische Veränderung denken würde, ohne sich gleichzeitig eine alternative Führung des Landes vorzustellen und dabei eben auch die Beziehungen zwischen den gesellschaftlichen Gruppen in Syrien zu bedenken. Dabei muss es darum gehen, weiteres Blutvergießen zu verhindern und ebenso Flüchtlingsströme, für die die internationale Gemeinschaft dann Verantwortung übernehmen müsste.“Im Vergleich zu anderen Ländern des so genannten „Arabischen Frühlings“ sei die Lage in Syrien weitaus komplizierter, fügt der Erzbischof an. Die ganze Region sei politisch und kulturell ein delikates Gefüge; eine Eskalation in Syrien würde das interne Gleichgewicht des ganzen Nahen Ostens in Bewegung bringen. Das Regime in Syrien begehe in den Augen der Internationalen Gemeinschaft "systematische Menschenrechtsverletzungen". Doch auch wenn der Wille zu einem „klaren Signal“ an die syrischen Autoritäten stark sei – die tatsächlichen Eingriffsmöglichkeiten der Staatengemeinschaft seien sehr beschränkt, gibt Tomasi zu bedenken:„Es scheint in dieser Situation weder ein humanitärer noch ein militärischen Eingriff möglich, wie er in anderen Ländern durchgeführt wurde. Man muss deshalb den Weg der Überzeugung und der Versöhnung suchen und daran erinnern, die Konsequenzen der Krise auf die Zukunft nicht zu ignorieren. Die Internationale Gemeinschaft sollte weiter über gerichtliche und gesetzliche Wege die Verantwortung für diejenigen einfordern, die leiden.“
Der Vatikan hat eine Hoffnung auf ein Einlenken des syrischen Regimes nicht aufgegeben, so könnte man den Erzbischof hier verstehen.
(rv 01.03.2012 pr)









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