2012-02-26 15:09:52

D: Aufbruch ohne Zeitgeist - Bischöfe mahnen zur Erneuerung


In ihren Hirtenbriefen zum Beginn der Fastenzeit haben die deutschen katholischen Bischöfe die Gläubigen zu einer geistigen Erneuerung der Kirche aufgerufen. Dies dürfe jedoch nicht durch eine Anbiederung an den Zeitgeist geschehen. Viele der Schreiben, die am Wochenende in den Gottesdiensten verlesen wurden, mahnten außerdem, den Glauben stärker mit Leben zu erfüllen und öffentlich zu bezeugen.

Bei grundlegenden Lebensfragen gilt für den Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch „bibeln“ statt „googlen“. Statt Internetrecherche sei es „hilfreicher und verlässlicher“, zuerst die Bibel zur Hand zu nehmen und sich „vom Wort Gottes inspirieren und führen zu lassen“, betonte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz. Er warb für einen innerkirchlichen Aufbruch. Jeder Katholik sei aufgerufen, sich am „geistlichen Dialog“ zur Zukunft der Kirche zu beteiligen.

Kölns Kardinal Joachim Meisner warnte davor, sich unter Berufung auf das Gewissen über moralische Prinzipien hinwegzusetzen. Der Erzbischof wandte sich dagegen, bei wichtigen ethischen Fragen das Gewissen mit dem eigenen Gefühl gleichzusetzen. So sei der gesetzliche Schutz des ungeborenen Lebens „in den letzten 40 Jahren Schritt für Schritt so gut wie aufgegeben“ worden.

Das Leben der Kirche dürfe zwar nicht aus der Zeit herausfallen, schrieb der Münchner Kardinal Reinhard Marx. Dies bedeute jedoch nicht, „sich der Welt und den Zeitströmungen anzupassen“. Das Evangelium sei nicht veraltet und in verstaubten Büchern abgelegt, sondern lebendige Wirklichkeit, so der Erzbischof von München Freising.

Auch der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller erklärte, die Kirche gewinne keine neue Glaubwürdigkeit vor der Welt, wenn sich ihre Einrichtungen und Lehren dem Zeitgeist unterwürfen. Wer in Bezug auf die Kirche unreflektiert vom „Reformstau“ spreche, entweihe den Tempel Gottes und verweltliche die Kirche Jesu Christi.

Der Berliner Kardinal Rainer Maria Woelki erklärte, die 40-tägige Vorbereitungszeit auf Ostern sei „kein Aufruf zur Weltflucht“. Alle Christen seien nun aufgefordert, „die Nächstenliebe und den sich darin zeigenden Gemeinschaftssinn im Alltag zu leben“. So könnten sie der wachsenden Vereinsamung in der Gegenwart entgegenwirken, schrieb der Berliner Erzbischof.

Der Fuldaer Bischof Heinz Josef Algermissen mahnte, den „Schatz des christlichen Glaubens“ neu zu erschließen und dem Glauben auch in der Zivilgesellschaft Stimme und Gesicht zu geben. Die Kirche dürfe sich weder dem Zeitgeist anpassen noch sich als eine „Insel der Seligen“ in einer Eigenwelt abschotten.

Nach Ansicht des Paderborner Erzbischofs Hans-Josef Becker wird die Kirche künftig immer mehr aus kleineren Zellen leben. Deshalb brauche es mehr Gläubige, die mit ihren Talenten zum Aufbau einer „geistgewirkten Kirche“ beitrügen. Nötig sei ein fruchtbares Miteinander von Amtsträgern und Laien.

Zum respektvollen Gespräch über die Zukunft der katholischen Kirche rief der Rottenburg-Stuttgarter Bischof Gebhard Fürst die Christen auf. Er ermutigte dazu, dem innerkirchlichen Dialog- und Erneuerungsprozess eine Chance zu geben. Zudem kündigte er an, dass mehr Frauen in Führungspositionen kommen.

Der Magdeburger Bischof Gerhard Feige mahnte die Christen, dem „Dienst an der Welt noch mehr Aufmerksamkeit und Elan zu widmen“. Die Kirche müsse in der Gesellschaft Stellung beziehen für die Würde des Menschen, für Gerechtigkeit und gegen Extremismus.

Der Erfurter Bischof Joachim Wanke hob die Bedeutung des Gebets hervor. „Erst so können die sonstigen kirchlichen Aktivitäten, die auch wichtig und notwendig sind, nachhaltig und fruchtbar werden, etwa die Sorge um den Nächsten, um Gottesdienste, um religiöse Bildung oder Gremienarbeit.“

Auch der Görlitzer Bischof Wolfgang Ipolt stellte den Wert des Gebets in den Mittelpunkt seines Hirtenbriefes. Er erinnerte an den Streit um das Recht eines muslimischen Berliner Schülers, während der Unterrichtspausen zu beten. Ipolt äußerte die Hoffnung, dass er „durch sein Verhalten auch einige christliche Mitschüler zum Nachdenken angeregt hat“.

Angesichts von mehr Kirchenaustritten und weniger Gottesdienstbesuchern rief Aachens Bischof Heinrich Mussinghoff zur Erneuerung des Glaubens auf. Christen dürften die Wurzeln des Glaubens nicht vertrocknen lassen. Mussinghoff erinnerte an den Deutschlandbesuch des Papstes, bei dem Benedikt XVI. zur tiefen Verbundenheit mit Christus aufgerufen habe.

Auf den „inneren Zusammenhang“ von Spiritualität und Caritas hob der Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst ab. Wer heute von Gott spreche, könne sich nur da Gehör verschaffen, wo er Liebe zeige.

Der Passauer Bischof Wilhelm Schraml appellierte an die Christen, ihren Glauben stärker öffentlich zu bekunden und zu kennen. Es gebe einen „beängstigenden Tiefstand an Glaubenswissen“.

Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick schreibt in seinem Hirtenwort, die Fastenzeit solle dazu dienen, sich das Evangelium wieder bewusster zu machen und die Liebe zur Kirche zu erneuern. Schick erinnerte an den Beginn des Zweiten Vatikanischen Konzils vor 50 Jahren. Die Gläubigen sollten dessen Texte erneut lesen und besprechen.

Der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke forderte ein Bekenntnis zum Glauben, auch wenn dieser öffentlich oder privat angegriffen werde. Bei seiner jüngsten Reise nach Ägypten habe ihn die Glaubenskraft und Furchtlosigkeit gerade junger Christen beeindruckt.

Zum Verzicht auf liebgewonnene Gewohnheiten rief der Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann die Gläubigen bei den Umstrukturierungsprozessen in der Seelsorge auf. Nur so könne die in seinem Bistum bereits erfolgte Neugestaltung gelingen.

(kna 26.02.2012 mc)








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