2012-02-22 13:34:29

Afghanistan: „Muslime würden nie Bibel verbrennen“


RealAudioMP3 In Afghanistan hält die Wut auf US-amerikanische Soldaten an, nachdem einige von ihnen angeblich Koranausgaben verbrannt haben. Medien berichten von mehreren Verletzten bei den Protesten in der Hauptstadt Kabul. Muslime identifizieren sich mit ihren heiligen Zeichen –und vor allem mit den Koranexemplaren – so sehr, dass eine Verletzung der Heiligkeit einen sogenannten „heiligen Zorn“ entzündet. Das erklärt im Gespräch mit Radio Vatikan der Islamkenner und Jesuitenpater Felix Körner von der Päpstlichen Universität Gregoriana.

„Muslime fühlen sich dann geradezu verpflichtet und nicht nur berechtigt, die Heiligkeit Gottes und seines Wortes wieder herzustellen, indem dieser angebliche Frevel wieder gut gemacht wird durch eine zornige und leider oft gewalttätige Antwortaktion.“

Zwar könne man die wütende Reaktion der Muslime verstehen, aber dies bedeute nicht, solche Proteste gutzuheißen oder zu verteidigen, fügt Islamexperte Körner an.

„Muslimische Freunde haben mir schon oft persönlich gesagt, sie verstehen gar nicht, wie Christen das, was Muslimen heilig ist, so schänden können. Denn, so ihre interessante Begründung: Muslime würden nie so etwas machen. Sie würden nie bei uns den Propheten Jesus, wie sie sagen, beleidigen. Ich weiß übrigens auch von keiner islamischen Bibelverbrennung. Selbstverständlich müssen wir dazu sagen, dass da oft die Kriterien etwas durcheinander kommen, denn man schützt das Heilige, wie man es islamischerseits empfindet, auf Kosten dessen, was eigentlich jedem Menschen heilig sein sollte, nämlich die persönliche Unversehrtheit, das Leben und die Freiheit von Menschen.“

Die jüngere Geschichte habe leider schon einige große muslimische Proteste gezeigt, die sehr gewalttätig waren, so Pater Körner. Man denke hier nur an die Reaktionen im Karikaturenstreit in Dänemark oder auf die Regensburger Rede des Papstes. Falls in Afghanistan US-Soldaten wirklich Koranexemplare verbrannt hätten, dann müssten die USA schnell reagieren.

„Es wäre in diesem Fall angezeigt, von amerikanischer Seite deutlich zu machen, falls das wirklich stattgefunden hat, wie die Leitung der US-Armee zu diesen Fällen steht. Das würde dann heißen, dass sie sich ganz deutlich davon distanzieren sollte. Aber falls diese Koranverbrennung gar nicht stattgefunden haben sollte, dann müsste ganz klar gesagt werden, dass es sich lediglich um ein Gerücht handelt und dass die US-Armee ihren Soldaten deutlich mitteilt, dass sie in Afghanistan Respekt zeigen müssen.“

Der Oberkommandierende der internationalen Truppe in Afghanistan, General John Allen, hat vorsichtshalber schon mal um Entschuldigung gebeten, falls es wirklich zu Verbrennungen von Koranexemplaren gekommen sein sollte. Diese sei aber, wenn überhaupt, auf jeden Fall „irrtümlich“ geschehen, fügte General Allen nach Angaben von Reuters an.

Hintergrund
Afghanische Arbeiter hatten beim Durchwühlen einer Abfallhalde auf dem Stützpunkt Bagram verkohlte Exemplare des Koran gefunden. Sie folgten daraus, dass US-Soldaten dies Exemplare verbrannt hätten. Die Armeeführung erklärte daraufhin, die Soldaten hätten „extremistische Literatur“ und anderes Material, das in der Bibliothek zurückgeblieben war, einfach entsorgt, ohne genauer auf den Inhalt der Abfälle zu achten.

(rv/reuters/afp 22.02.2012 mg)







All the contents on this site are copyrighted ©.