Kustos Pizzaballa: „In Syrien herrscht fast Bürgerkrieg“
Der Konflikt in Syrien
entwickelt sich immer mehr zu einer internationalen Auseinandersetzung. Einen Militäreinsatz
schließen die USA derzeit noch aus. Doch US-Drohnen für Aufklärungszwecke kreisen
bereits an diesem Wochenende über Syrien. Der Iran hat unterdessen erneut Kriegsschiffe
in einen syrischen Hafen entsandt. Der Kustos im Heiligen Land, Franziskanerpater
Pierbattista Pizzaballa analysiert für Radio Vatikan die Lage in Syrien.
„Nach
der Wende in Ägypten zeigt die Situation in Syrien auf unmissverständliche Weise,
wie sich der Nahe Osten verändert. Bis vor einem Jahr wären solche Szenarien unvorstellbar
gewesen. In den vergangenen Monten war die Spannung groß und Syrien wird von internen
Auseinandersetzungen zerrissen, wobei der Konflikt mehr und mehr zu einem Bürgerkrieg
wird und die Franziskaner sind zusammen mit wenigen anderen Vertretern der lateinischen
Kirche darum bemüht, unter den einheimischen Christen Hilfe zu leisten.“
Kustos
Pizzaballa richtet deshalb einen Appell an die Christen weltweit. Er bittet um konkrete
Gesten der Hilfe für Christen in Syrien und karitative Einrichtungen der Kustodie
im Heiligen Land. Pizzaballa habe Mitbrüder in Syrien, fügte er an, die auf die Gläubigen
in der Welt angewiesen sind.
„Die Kustodie ist in verschiedenen Teilen des
Landes vertreten: darunter Damaskus, Aleppo, Lattakia. Krankenstationen der Franziskanischen
Klöster werden dort zum Zufluchtsort für viele, wobei wir unterschiedslos alle aufnehmen:
Alawiten, Sunniten, Christen, Rebellen und Regierungstreue“.
Der Franziskanerpater
erinnert daran, dass viele Firmen in Syrien schließen mussten. Die früher florierende
moderne Tourismusbranche sei vollkommen verschwunden. Auch die Landwirte seien in
größten Schwierigkeiten. Das internationale Embargo verhindere zudem Ausfuhrmöglichkeiten.
„Am
meisten betroffen sind schwache Bevölkerungsteile, die unter der mangelnden Versorgung
mit Strom und Wasser leiden.In den großen Städten fällt die Stromversorgung mehrere
Stunden am Tag aus oder bricht manchmal ganz zusammen; Brennstoff wird rationiert.
All dies führt unter der Bevölkerung zu großer Not, die trotz winterlicher Temperaturen
nicht heizen kann.“
Der Hilfseinsatz der Kustodie sei wichtig, so Pizzaballa,
auch wenn die Lage dramatisch sei.
„Doch wir bleiben bei den Menschen und
nehmen alle auf, die Hilfe brauchen, unabhängig von Rasse, Religion oder Staatsangehörigkeit.
Wir wollen mit unserer Präsenz den religiösen Dienst unter den Gläubigen gewährleisten,
damit sie verstehen, wie wichtig es ist, dass sie in der Heimat bleiben. Dies wird
auch in Zukunft der Sinn der Mission des Franziskanerordens sein.“