Die syrische Armee
bombardiert ganze Stadtviertel von Homs, seit Montag auch weitere Städte. Die erneuten
Angriffe folgen unmittelbar auf die Ankündigung von Unterstützung für die Aufständischen
durch andere arabische Staaten. Am vergangenen Sonntag hatte Papst Benedikt XVI. zu
Frieden für Syrien und zu Versöhnung und Dialog aufgerufen.
Die Situation ist
dramatisch und braucht eine sofortige Lösung. Das sagt gegenüber Radio Vatikan Pater
Samir Khalil Samir, Professor am Päpstlichen Orientalischen Institut. Der geborene
Ägypter weist auf die Tragödie im Land hin: Die Gewalt nehme täglich zu, deshalb sei
der Appell der Papstes in seiner Dringlichkeit nicht zu unterschätzen:
„Es
ist wichtig, dass alle – Christen, Muslime und auch die Regierung und die Opposition
– sehen, dass der Kirche sehr an Frieden und Gewaltlosigkeit gelegen ist. Nicht nur,
weil wir Christen sind, sondern weil es Gewalt und Leid gibt. Der Papst reagiert immer
so, wenn es Probleme irgendwo in der Welt gibt: Er verteidigt damit alle Menschen.“
In
der Vergangenheit hat es Verwirrung gegeben über den Standpunkt der Christen im Land;
manche hielten sie für „zu regimetreu“, andere warfen ihnen mangelnde Deutlichkeit
in ihren Stellungnahmen vor.
„Viele Bischöfe im Land haben sich geäußert,
auch wenn es am Anfang nicht klar war. Viele dachten, dass die Bischöfe für die Regierung
seien, weil sie sozusagen den Status Quo verteidigt hatten. Das Problem ist, dass
es jetzt Gewalt von beiden Seiten gibt, auch wenn die Gewalt der Regierung natürlich
stärker ist. Aber auch die Opposition wird gewalttätig, weil sie sich verteidigen
muss und auch, weil sie Waffen bekommt – wie sie sagen aus Katar und den Golfstaaten.
Wir haben nun eine blockierte Lage: Jeder will stärker sein, was mehr Waffen und mehr
Tote bedeutet. Das müssen wir stoppen.“
Die Frage aller Fragen: Was würde
mit den Christen nach einem Regimewechsel geschehen? Oder anders gefragt: Ging es
den Christen nicht unter al-Assad besser als es nach einem Wechsel sein könnte?
„Die
Regierung in Syrien war säkularer als die Opposition es jetzt ist, sie wollten Gleichheit
zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen, auch, weil die regierende Schicht selbst einer
Minderheit angehört, den Alawiten, die selbst nicht größer ist als die der Christen.
Für die Christen bedeutete das Ruhe, solange sie sich nicht in die Politik einmischten:
Genau so haben sie sich bislang verhalten, obwohl diese Politik undemokratisch und
gewalttätig war. Wir werden wahrscheinlich ein islamisches Regime bekommen, das für
Christen eine Gefahr darstellt. Es wird wahrscheinlich weniger neutral sein. Was in
Ägypten passiert, wird sich in andern Ländern wiederholen. Die Christen unterstützen
die aktuelle Regierung nicht, sie fürchten bloß ein neues System. Von den beiden Übeln
bevorzugen sie das, was sie kennen.“
Aus der Türkei gibt es das Angebot
an Präsident Baschar al-Assad, ihn aufzunehmen und zu beschützen, um eine Lösung der
Blockade und einen Wechsel zu mehr Demokratie zu ermöglichen.
„Die Frage
ist, was in Syrien passieren wird, wenn er in dieser Situation geht. Es gibt außer
den Muslimbrüdern kein anderes politisches Projekt. Es könnte die weniger schlimme
Variante sein, aber in jedem Fall wird es für eine ganze Zeit schlimm werden – mit
Assad oder mit einem neuen Regime. Wir werden jahrelang Schwierigkeiten haben.“
Vor
allem aber sieht Pater Samir eine Notwendigkeit: das Ende der Gewalt.
„Die
Gewalt nimmt zu, vor einigen Tagen ganz unerwartet in Aleppo, dann auch in Damaskus
und den großen Städten, nicht nur in Homs und Hama. Ich hoffe, dass es ein internationales
und friedliches Eingreifen geben wird, dass diese Gewalt enden wird, sodass es einen
gemeinsamen Weg geben wird.“