Griechenland-Krise: Junge Griechen haben „Riesenangst“
Depressivität und
fehlenden Zukunftsglauben – das diagnostiziert der griechische Schriftsteller Petros
Markaris bei seinen Landsleuten. Vor allem die jüngeren Menschen hätten durch die
Krise eine Riesenangst vor der Zukunft, während die ältere Generation Armut in ihren
Kindertagen meist noch am eigenen Leib erfahren habe. Das meinte Markaris, einer der
europaweit meistgelesenen Krimi-Autoren, im Gespräch mit dem Münchner Kirchenradio.
Er sieht in der Geschichte des modernen griechischen Staats einen Teil der Ursachen
für die heutige Misere. So konnten die Großgrundbesitzer ihre Privilegien aus dem
osmanischen Reich hinüberretten in den griechischen Nationalstaat. Im 20. Jahrhundert
sei vor allem der Bürgerkrieg direkt nach Ende des Zweiten Weltkriegs ein großes Unglück
für Griechenlands Entwicklung gewesen.
Das griechische Parlament hat in der
Nacht auf Montag ein weiteres Sparpaket gebilligt. Es sieht Massenentlassungen im
öffentlichen Dienst sowie erhebliche Kürzungen beim Mindestlohn und einigen Renten
vor. Die Verabschiedung ist Voraussetzung dafür, dass die EU-Finanzminister am Mittwoch
ein weiteres Hilfspaket in Höhe von 130 Milliarden Euro Athen bewilligen.
Der
orthodoxe Erzbischof von Athen und ganz Griechenland, Ieronymos, hatte die griechische
Regierung aufgerufen, „Erpressung durch das Ausland und tödliche Rezepte“ zurückzuweisen.
In einem beispiellosen Brief an Premierminister Lucas Papademos schrieb Ieronymos
zu Monatsbeginn, dem Land würden „immer härtere, schmerzhaftere und auch ungerechte
Maßnahmen“ abverlangt. Das Land müsse „eine Maximaldosis an Medizin schlucken, die
tödlich ist für unsere Wirtschaft“. Das „unlogische Phänomen“ habe mittlerweile „Alptraum-Ausmasse
angenommen“. Ausdrücklich warnte der Erzbischof vor den Kürzungen am Mindestlohn –
also der Entscheidung, die das Parlament in der Nacht auf Montag dann getroffen hat:
„Dadurch riskiert das Land den Kollaps.“ Überhaupt könne doch das Ausland nicht die
griechischen Finanzen überwachen oder kontrollieren: „Griechenland darf da nicht auf
seine Souveränität verzichten.“ Nach Einschätzung der griechischen Zeitung „Kathimerini“
hat es bisher noch nie eine vergleichbare politische Intervention des orthodoxen Erzbischofs
von Athen gegeben.