Ein Skandal, der in
der Kirche nie wieder vorkommen darf. Wir Bischöfe haben zu oft weggesehen. Wir müssen
den erschütternden Berichten der Missbrauchten glauben. Wir dürfen keine potentiellen
Täter zu Priestern weihen. Und wir müssen demütig um Vergebung bitten. Das sind Kernaussagen
von Kardinal Marc Ouellet, dem Vatikan-Verantwortlichen für die Bischöfe, beim Bußgottesdienst
in Sachen Kindesmissbrauch durch Kleriker Dienstagabend in der römischen Kirche St.
Ignatius. Ein solcher Bußgottesdienst ist ein Novum in Rom. Er fand im Rahmen des
internationalen Missbrauchs-Kongresses statt, der am Donnerstag an der päpstlichen
Universität Gregoriana zu Ende geht.
„Wir sind nicht nur als Gläubige hier,
sondern auch als Büßer“, stellte Kardinal Ouellet zu Beginn seiner Predigt klar,
die wir hier auszugsweise wiedergeben.
„Die Tragödie sexuellen Missbrauchs
von Kindern durch Christen, besonders durch Kleriker, ist eine Quelle großer Scham
und ein enormer Skandal. Es ist eine Sünde, die Christus selbst verurteilte: ,Es
wäre besser für ihn, man würde ihn mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer werfen,
als dass er einen von diesen Kleinen zum Bösen verführt.'
Missbrauch
ist ein Verbrechen, das für das unschuldige Opfer eine echte Erfahrung des Todes bedeutet.
Gott allein kann sie mit der Macht des Heiligen Geistes zu neuem Leben erheben. Deshalb
wenden wir uns mit tiefer Überzeugung und im Bewusstsein dessen, was wir tun, zu Gott
und flehen ihn an.
Diese Geste der Reinigung bezieht die ganze Kirche
mit ein. Und jeder von uns Bischöfen, Ordensoberen, Erziehern, Christen, fühlt den
Schmerz über das, was vorgefallen ist. Wir bitten den Geist Gottes, der heilt und
alle Dinge radikal erneuert: Komme auf uns herab.
Als Mitglieder der
Kirche müssen wir den Mut haben, Gott demütig um Vergebung zu bitten. Auch um Vergebung
im Namen der Kinder, die verletzt wurden. Wir müssen ihnen nahe bleiben auf ihrem
Weg des Leidens, und auf jede mögliche Weise versuchen, ihre Wunden zu verbinden und
zu heilen, dem Beispiel des guten Samariters folgend.
Der erste Schritt
auf diesem Weg ist es, ihnen aufmerksam zuzuhören und ihren schmerzhaften Berichten
zu glauben.
Der Weg der Erneuerung für die Kirche - die weiterhin ihre
Aufgabe der Erziehung wahrnehmen und eigene Strukturen einrichten wird, um ähnliche
Verbrechen zu vermeiden - muss das Gefühl „nie wieder“ mit einschließen.
Wie
Papst Johannes Paul II. sagte: Im Priester- und Ordensleben gibt es keinen Platz für
solche, die Kinder schädigen.
Es ist nicht hinnehmbar, dass Kindesmissbrauch
in der Kirche stattfindet. Nie wieder.
Traurigerweise beobachten wir
allzu gut, dass der sexuelle Missbrauch von Kindern durch unsere moderne Gesellschaft
begünstigt wird. Es ist unsere tiefe Hoffnung, dass das Engagement der Kirche, dieses
große Übel anzugehen, Erneuerung auch in anderen Gemeinschaften und Stellen der Gesellschaft
fördert, die von dieser Tragödie betroffen sind.
Auf diesem neuen Pfad
sollten wir Christen uns darüber im Klaren sein, dass nur der Glaube ein authentisches
Werk der Erneuerung in der Kirche garantiert. Glaube, verstanden als persönliche,
wahre und Leben spendende Beziehung der Liebe mit Jesus Christus. Aufmerksam für unseren
eigenen Mangel an lebendigem Glauben, bitten wir Christus, uns alle wiederherzustellen
und uns durch die Marter des Kreuzes hin zur Auferstehung zu führen.
In
manchen Fällen wurde die Gewalt von tief gestörten Persönlichkeiten verübt, oder von
solchen, die selbst missbraucht worden waren. Es war nötig, in Bezug auf diese Personen
zu handeln und sie davon zurückzuhalten, weiterhin irgendeine Form des Amtes auszuüben,
für das sie offenkundig ungeeignet waren. Das wurde nicht immer getan. Und nochmals
bitten wir die Opfer um Vergebung.
Wenn die Hirten der Kirche von diesen
entsetzlichen und demütigenden Vorkommnissen erfahren, haben sie die Pflicht, Verantwortung
zu übernehmen in der Auswahl der Kandidaten, die in der Kirche dienen möchten, besonders
jener, die geweiht werden wollen.
Immer noch schockiert von diesen
traurigen Vorkommnissen hoffen wir, dass diese Liturgie uns hilft, die schrecklichen
Sünden, die sich im Volk Gottes ereignet haben, im Licht der Heilsgeschichte zu sehen.
Es ist eine Geschichte, die von unserem Elend spricht, von unseren wiederholten Fehlern,
aber eben auch von Gottes unendlicher Barmherzigkeit, derer wir immer bedürfen.“