„Afrikas Christen dürfen jetzt nicht fundamentalistisch werden“
Mit Sorge sieht der
Vatikan den Aufstieg des islamischen Fundamentalismus in einigen Teilen Afrikas. Bislang
waren die Beziehungen zwischen Christen und Muslimen in Afrika im Großen und Ganzen
gut: In vielen Ländern Westafrikas, z.B. dem Senegal, hat der Islam eine tolerante,
von Sufi-Bruderschaften geprägte Ausrichtung – auch wenn er die Mehrheit der Bevölkerung
stellt. Doch die Bomben der radikalen Boko-Haram-Gruppe in Nigeria sprechen jetzt
für das Aufkommen eines aggressiven Islams. Was tun? Der italienische Erzbischof Fernando
Filoni leitet die vatikanische Missionskongregation; er war in den letzten Tagen zu
Besuch in Westafrika.
„Speziell in dieser Region in Afrika sind die
Beziehungen zur muslimischen Realität ziemlich komplex. In einigen Ländern oder Regionen
gibt es eine durchaus gute Beziehung von Christen und Muslimen, aber in anderen herrschen
mittlerweile Kampfeslust und Aggressivität. Der Papst hat in seinem nachsynodalen
Schreiben ,Africae munus‘ den Christen dazu geraten, sich um Wertschätzung den Muslimen
gegenüber zu bemühen, und das haben sich jetzt die Bischöfe Westafrikas ausdrücklich
zu eigen gemacht. Ausgangspunkt ist unser gemeinsames Anbeten eines einzigen Gottes.
Und das ist eine grundlegende theologische Basis für Wertschätzung des anderen.“
Von
dieser Linie sollten sich die Katholiken in Westafrika auch unter dem Druck des Terrors
jetzt nicht abbringen lassen, rät Filoni, der vom Papst in diesem Monat zum Kardinal
erhoben wird.
„Dazu kommt ja auch, dass Christen jetzt nicht einfach
zu Mitteln greifen dürfen, die schlechterdings gegen die Rechte der Person und auch
des Glaubens verstoßen: Sie können zum Beispiel nicht anfangen, Muslime ihrerseits
zu diskriminieren. Sie dürfen jetzt nicht intolerant und damit selbst fundamentalistisch
werden! In so vielen Schulen, Bildungs-, Gesundheitseinrichtungen gibt es nicht nur
christliche, sondern auch muslimische Schüler bzw. Patienten – das muss weitergehen!
Das ist eine Hilfe, die die Kirche mit Überzeugung leisten muss.“
Erzbischof
Filoni hat letzte Woche in Yamoussoukro, Elfenbeinküste, an der Gründung einer westafrikanischen
Bischofskonferenz teilgenommen; bei dieser Gelegenheit hat er mit vielen Bischöfen,
auch aus Nigeria, über das Verhältnis zu den Muslimen gesprochen. Generell findet
er, dass das Wort der Kirche künftig mehr Gewicht haben wird – auch politisch – ,
wenn sie mit einem neuen, länderübergreifenden Verband auftreten.
„Also,
es ist schon einmal wichtig, dass die Bischöfe anfangen, sich untereinander zu kennen
und zu schätzen. Dass sie sich daran gewöhnen, zusammenzuarbeiten. Das wird dann mit
der Zeit der ganzen Region helfen: Die Kirche in Westafrika wird eine immer einheitlichere
Sicht der Problematiken der Kirche haben, aber auch der ethnischen, politischen oder
sozialen Problematiken.“