Die russisch-orthodoxe
Auslandskirche hat den Mitbegründer der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“, Alexander
Schmorell, an diesem Wochenende in München heiliggesprochen. Eine orthodoxe Heiligsprechung
ist in etwa mit einer katholischen Seligsprechung zu vergleichen. Zu den Feierlichkeiten
war auch Nikolay Hamazaspian eingeladen, einer der engsten Freunde des nun heiliggesprochenen
Märtyrers. Er selbst hatte es abgelehnt, sich direkt der Widerstandsgruppe gegen das
Nazi-Regime anzuschließen, sagte der 91-jährige Hamazaspian dem Münchner Kirchenradio.
Der bulgarische Staatsbürger wollte damit verhindern, dass die „Weiße Rose“ von der
Gestapo als ausländische Verschwörung denunziert hätte werden können. Über Alexander
Schmorells Mitarbeit beim Verfassen und Verteilen von Flugblättern sei er allerdings
voll im Bilde gewesen: „Er hat an ihnen sogar in meiner Wohnung in der Isabellastraße
geschrieben.“
Hamazaspian war 1939 als Student nach München gekommen. Über
einen gemeinsamen Bekannten lernte er Schmorell kennen, dem er Russisch beibrachte.
Der in Russland geborene und orthodox erzogene Schmorell interessierte sich für Dostojewski
und wollte die Sprache seiner Mutter kennenlernen, die früh gestorben war. Hamazaspian
erinnert sich an ihn als „einen sehr lustigen Menschen“, der sich auch gern mit den
Stadtstreichern am Marienplatz unterhielt. Als Soldat habe Schmorell seinen Offizieren
klar gemacht, dass er nicht auf Menschen schießen werde. Dieser Pazifismus inmitten
eines gewalttätigen Regimes beeindruckte Hamazaspian, der nach der Enttarnung der
Weißen Rose 1943 festgenommen und später ausgewiesen wurde. Damit sei er noch gut
davon gekommen, erzählt Hamazaspian. Er habe Schmorell sogar seinen bulgarischen Pass
geliehen, damit dieser durch die Polizeikontrollen schlüpfen konnte. Sogar eine Flucht
des „Weiße-Rose“-Mitbegründers habe er versucht vorzubereiten. Aufgrund einer Anzeige
wurde Schmorell jedoch gefasst und am 13. Juli 1943 hingerichtet.
Seit diesem
Wochenende verehrt ihn die russisch-orthodoxe Kirche offiziell als Märtyrer.