Kardinal Anthony Bevilacqua ist tot. Der frühere Erzbischof von Philadelphia starb
am Dienstag Abend mit 88 Jahren. Damit zählt das Kardinalskollegium, dem er seit 1991
angehört hatte, jetzt 191 Mitglieder. Von ihnen wären derzeit 107 berechtigt, an einer
Papstwahl teilzunehmen. 1923 in New York geboren, war Bevilacqua der Sohn italienischer
Einwanderer. Nach seiner Priesterweihe 1949 spezialisierte er sich an der Päpstlichen
Universität Gregoriana (Rom) in Kirchenrecht und machte an der Columbia Universität
einen Master in Politikwissenschaften. 1983 erhob ihn Johannes Paul II. zum Bischof
von Pittsburgh, 1988 versetzte er ihn schließlich nach Philadelphia.
Bevilacqua
war unter anderem als Förderer des interreligiösen Gesprächs bekannt. In den achtziger
Jahren war er US-Flüchtlingsbischof. Doch der Kardinal ist auch nicht von den Skandalen
um den kirchlichen Umgang mit Missbrauchsfällen verschont geblieben: Erst vor zwei
Tagen debattierte ein Gericht in Philadelphia darüber, den an Demenz erkrankten Kardinal
vorzuladen, um als Zeuge gegen einen langjährigen Mitarbeiter auszusagen. Dem Personalverantwortlichen
des Erzbistums William Lynn wird vorgeworfen, 27 mutmaßlich pädophile Priester über
Jahre hinweg gedeckt zu haben. Der Prozess soll am 26. März beginnen. Erst nach der
Emeritierung Bevilacquas 2003 wurden im September 2005 die Ergebnisse einer dreijährigen
Untersuchung einer staatlichen Kommission über sexuellen Missbrauch im Erzbistum veröffentlicht.