2012-01-31 09:00:21

Wirtschaftskrise braucht Verbindung von Markt und sozialer Verantwortung


RealAudioMP3 Sparen oder Ausgeben, das ist die Frage: Die Politiker Europas streiten weiter über den richtigen Umgang mit der Wirtschafts- und Finanzkrise, in der vergangenen Woche in Davos, an diesem Montag beim EU-Gipfel in Brüssel, Stichwort ‚Sparkommissar für Griechenland.’ Ein Ende der Debatte ist nicht in Sicht. Markus Vogt ist Professor für Christliche Sozialethik an der Universität München. Besonders beim Treffen in Davos wurde seiner Meinung nach sichtbar, welche Grundzüge diese Diskussionen um Geld, Euro, Sparkommissare und Politik prägen:

„Eine Grundsatzdebatte zwischen zwei ganz unterschiedlichen Varianten des Kapitalismus beziehungsweise der Finanzpolitik sind sehr hart aufeinander getroffen. Auf der einen Seite die Sparpolitik, die Idee des Sparens, um Zukunftsfähigkeit zu erringen - eine Politik, die vor allem Angela Merkel vertreten hat. Auf der anderen Seite die Politik der Investition, des auf Dauer gestellten Keynesianismus, die davon ausgeht, dass sich die wirtschaftliche Krise dadurch überwinden lässt, dass investiert wird.“

Es sei ein schwieriges Dilemma, sagt Vogt. Auf der einen Seite reicht das Sparen nicht, auf der anderen Seite führt die Politik des billigen Geldes langfristig nur zu einer Destabilisierung. Man müsse gleichzeitig klug sparen und klug investieren. Und es braucht auch eine neue Rahmenordnung, zu der etwa die Finanztransaktionssteuer, Tobin-Steuer genannt, gehöre. Erste Erfolge könne man schon bei den sogenannten Schwellenländern sehen, besonders beim erfolgreichsten:

„Brasilien hat vorgemacht, dass es mit einer starken Sozialpolitik wirtschaftlich erfolgreich ist. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass das der Weg sein muss, den wir auch künftig in der Welt gehen. Die Schwellenländer haben sich zu Apologeten dieser Verbindung von Marktwirtschaft und Sozialpolitik gemacht. Auf Weltebene gibt es aber noch keine wirksame Sozialpolitik, noch keine wirksame Solidarität. Die brauchen wir aber in vielen Bereichen, sei es in der Armutsbekämpfung, sei es in der Umweltpolitik. Das wird sicher noch ein harter und langer Kampf sein!“

Die sich ständig verändernden Umstände bräuchten kreatives Denken, so der Sozialethiker Vogt. Noch sei es nicht sicher, dass sich die soziale Marktwirtschaft durchsetzen werde, deswegen brauche es vor allem auch die Stimme der katholischen Soziallehre in der Debatte:

„Da kann die katholische Sozialethik einen wichtigen Beitrag leisten! Das christliche Menschenbild traut dem Menschen Verantwortung zu, rechnet aber immer auch mit Fehlern. So eine Tiefendimension braucht man, um auch wirksam die Ideen von Markt und sozialer Verantwortung zu verbinden. Allerdings ist die Rolle der katholischen Sozialethik die einer lernenden. Wir müssen uns weiter entwickeln. Eines der wichtigsten Felder der Weiterentwicklung ist heute sicherlich auch die Integration des ökologischen Aspektes. Soziale Marktwirtschaft muss zur ökologisch-sozialen Marktwirtschaft weiterentwickelt werden.“

(Kirchenradio 31.01.2012 ord)







All the contents on this site are copyrighted ©.