Nigeria: Perspektivlosigkeit ist Schuld an Attentaten
Die neue Mordwelle
in Nigeria durch die radikalislamische Sekte Boko Haram erschüttert das Land nach
wie vor. In Nordnigeria habe man „zu lange nichts für den Frieden getan“, sagte der
katholische Bischof von Kano der Nachrichtenagentur misna. In seiner Stadt sind zwischen
Freitag und Sonntag an die 180 Menschen in Polizeistationen und Regierungsgebäuden
kaltblütig ermordet worden. Bischof John Niyiring zufolge liegt der Kern des Problems
in der Unterentwicklung. Boko Haram rekrutiere Jugendliche ohne Arbeit und Perspektiven,
oft Migranten aus dem noch ärmeren Ausland, vor allem aus Niger und dem Tschad. Inzwischen
hat der nigerianische Staatspräsident Goodluck Jonathan die Region besucht und versprochen,
die Lage in Nordnigeria besser kontrollieren zu wollen. Auch habe es erste Verhaftungen
gegeben. Es ist die schwerste Anschlagswelle Boko Harams bisher. Die Sekte will nach
eigenen Angaben die Regierung stürzen und im gesamten Land die Scharia einführen.
Das
katholische Hilfswerk missio befürchtet in Nigeria eine Dauerkrise mit schlimmen Folgen
für die christliche Minderheit. Dies sei absehbar, wenn Nigerias Regierung nicht schnell
Maßnahmen gegen die Terrorakte ergreift, sagte missio-Präsident Klaus Krämer. Momentan
sehe es so aus, als ob Boko Haram nach Belieben morden und Panik verbreiten könne.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist bestürzt über den neuen Gewaltausbruch
in Nigeria, der sich vor allem auch gegen die christlichen Bevölkerungsteile richte.
Unabdingbar sei die Rückkehr von Frieden und religiöser Toleranz, um die Stabilität
in dem Vielvölkerstaat wiederherzustellen, so Regierungssprecher Steffen Seibert am
Montag in Berlin. Merkel habe deswegen bei ihrem Besuch in dem afrikanischen Land
im vergangenen Jahr auch mit Vertretern der unterschiedlichen religiösen Gruppen gesprochen.
Auch beim Treffen der Außenminister der Europäischen Union (EU) in Brüssel
wird das Thema Nigeria auf die Tagesordnung gesetzt. Außenminister Guido Westerwelle
(FDP) wolle sich bei der Unterredung mit seinen Amtskollegen dafür einsetzen, dass
die EU Nigeria konkret helfe, erklärte ein Sprecher. Vor allem der materielle Notstand
als Keimzelle für Terrorismus müsse bekämpft werden.