Das international
abgeschottete Burma zeigt vorsichtige Ansätze zur Demokratisierung – so scheint es
jedenfalls, wenn man die jüngste Amnestie für politische Gefangene, darunter auch
Regimekritiker, die Abschaffung der Todesstrafe und den politischen Reformkurs der
Regierung in Betracht zieht. Präsident Thein Sein, Burmas erster „ziviler“ Präsident
nach fast einem halben Jahrhundert Militärherrschaft, sucht auch die Aussöhnung mit
der Opposition: Zuletzt schloss er sogar die Oppositionsführerin und Friedensnobelpreisträgerin
Aung San Suu Kyi als mögliche Ministerin nicht aus. Die Menschenrechtlerin war Ende
2011 in Yangon inoffiziell mit einem Vatikanvertreter zusammengetroffen; Kardinal
Renato Martino sprach mit Suu Kyi am Rande der Feierlichkeiten zum 100-jährigen Bestehen
der Kathedrale von Yangon. Reformen, Dialog und Demokratisierung – schöne Worte oder
auch Taten? Positiv auf die Arbeit der Hilfsorganisationen scheint sich der politische
Wandel jedenfalls schon auszuwirken, meint Sandra Harlass vom Hilfswerk Malteser International,
das in Burma im Gesundheitsbereich und Katastrophenschutz tätig ist. Die deutsche
Referentin der Malteser-Asienabteilung sagte im Gespräch mit Radio Vatikan:
„Als
Malteser International sehen wir den Demokratisierungsprozess sehr positiv, der im
Moment stattfindet. Wir sehen, dass die Regierung sehr bereit ist, mit uns zusammenzuarbeiten,
und dass sie auch mehr Hilfe in die Gemeinden bringen möchte. Wir sehen darin eigentlich
eine sehr große Chance, dass Myanmar sich weiterentwickeln kann, es ist ja nach wie
vor eines der Länder, die die wenigsten Hilfsgelder international bekommen - gerade
im Vergleich zu den Nachbarländern. Und wir denken, dass es jetzt mit diesem Demokratisierungsprozess
wirklich eine sehr gute Chance für das Land ist, mehr Hilfe zu bekommen, aber auch
mehr Hilfe umzusetzen.“
Die Kooperationsbereitschaft der Regierung schlage
sich auch in der inzwischen schnelleren Vergabe von Visa für Mitarbeiter des Hilfswerkes
und der schnelleren Bearbeitung der Kooperationsabkommen nieder, die für die Hilfseinsätze
nötig sind. Die internationale Gemeinschaft belohnt Burmas Gesten der Öffnung mit
dem Abbau von Sanktionen; so wurde an diesem Montag aus Brüssel bekannt, dass Einschränkungen
wie Einreiseverbote schrittweise aufgehoben werden sollen. Nicht nur aus wirtschaftlichen
Gründen, auch was den sozialen Notstand im Land angeht, kann sich Burma Isolation
wohl immer weniger leisten. Bei der Aids-Bekämpfung – einem schwerwiegenden Problem
im Land, das lange totgeschwiegen wurde – ist die Regierung zum Beispiel auf Hilfsorganisationen
angewiesen:
„Das Problem in dem Gebiet, wo wir jetzt sind, ist zum Beispiel,
dass das Regierungsprogramm eine Behandlung für nur etwa 100 Patienten ermöglicht,
dass es aber 300 Patienten gibt, die sie brauchen. Das heißt: Die Gelder der Regierung
reichen nicht aus. Die Regierung stellt nun die Behandlung eines Teils der Patienten
sicher, wir übernehmen den anderen Teil. Erst im letzten Jahr gab es erstmals Gelder
vom ,Global Fund‘ für die Aids-Bekämpfung, so dass die Regierung ihre eigenen Programme
auch aufstocken konnte.“ Neben der Aids-Bekämpfung und -Aufklärung im Grenzgebiet
zu China, Laos und Thailand betreibt Malteser International in Dörfern Gesundheitsvorsorge,
leistet Geburtshilfe und stellt Medikamente zur Bekämpfung von Krankheiten wie Malaria,
Tuberkulose und Durchfall zur Verfügung. Während sich in den Städten zumindest Wohlhabende
Gesundheitsvorsorge leisten können, gebe es auf dem Land und vor allem in Gebieten
mit ethnischen Minderheiten kaum Strukturen, so Harlass. Malteser International will
bei seiner Arbeit Hilfe zur Selbsthilfe leisten; die Zusammenarbeit mit lokalen Partnern
sei deshalb unerlässlich. Das Hilfswerk arbeite mit allen Religionen zusammen, die
es in Burma so gibt. Harlass dazu:
„Mit Muslimen an der Grenze zu Bangladesch,
aber auch mit Christen, mit Buddhisten, mit allen Gruppen. Und wir haben verschiedene
lokale Partner; einer davon ist eine lokale Partner-NGO, die einen kirchlichen Hintergrund
hat, doch wir haben auch andere Partner mit buddhistischem Hintergrund. Also, wir
schauen, dass wir in den Gegenden, in denen wir arbeiten, mit lokalen Partnern arbeiten
und versuchen einzuschätzen: Wer hat da am meisten Kapazität, Hilfe zu leisten?“
Zu
dem gemeinsamen Einsatz der Religionen in Ausbildung, Gesundheit und Sozialwesen hatte
jüngst noch Vatikanvertreter Kardinal Renato Martino bei seinem Besuch in Yangon aufgerufen.
In Burma leben nur knapp sieben Prozent Christen. Andere religiöse Minderheiten im
überwiegend buddhistischen Land sind die Muslime und indische Religionen.