Die katholische Kirche
will weltweit effizienter gegen Missbrauch vorgehen. Zu diesem Zweck ist in München
an diesem Freitag ein internationales Zentrum für Kinderschutz eröffnet worden. Nach
der Aufarbeitung der Missbrauchsfälle brauche die Kirche jetzt eine „neue Kultur des
Hinsehens“, so der Vizerektor der Päpstlichen Universität Gregoriana, Hans Zollner.
„Die
wichtigste Botschaft der neuen Einrichtung lautet: Es darf keinen Missbrauch geben“,
sagte der Jesuitenpater und Psychologie-Professor unserem Partnersender, dem Münchner
Kirchenradio, am Rand der Eröffnung. „Was an einzelnen Kompetenzen vorkommen
wird: es wird um alles gehen, was die Rechtslage in den einzelnen Ländern und in der
Kirche betrifft. Vielerorts ist es ja auch nicht so bekannt, dass die Kirche hier
sehr strenge Regeln hat, die eben leider nicht eingehalten worden sind in den letzten
Jahrzehnten. Es soll ein Bewusstsein entstehen, wie ich mit Nähe und Distanz in einer
menschlichen Begegnung umgehen kann, in einer Pfarrei, bei der Kinder- und Jugendarbeit.
Ich soll wissen, welche Anzeichen es bei einem Kind gibt, wo mit großer Wahrscheinlichkeit
ein Missbrauch vorgelegen hat; ich soll wissen, was kann ich tun, um dem Kind zu helfen,
darüber zu reden und was ich tun muss, um das weiterzuleiten, um auf den Täter zuzugehen
und ihn zu stellen.“ Seit der Aufdeckung zahlreicher Missbrauchsfälle 2010
in kirchlichen und privaten Einrichtungen wurde deutlich, dass Personal, das mit Kindern
und Jugendlichen arbeitet, keinerlei systematische Ausbildung erhält, so Hubert Liebhardt,
der Direktor des Kinderschutzzentrums. Genau das will die neue Institution ändern.
„Thema
ist zum Beispiel Gesprächführung mit Kindern, Dokumentation von Gesprächen, aber auch
Umgang mit bnetroffenen Kindern, was kann ich tun bei Verdacht, bei Vermutungen. Wie
kann man in der Kirche Kinderschutz etablieren. Das sind Dinge, die sind neu, die
gibt es in der Kirche faktisch nicht.“ Auch wenn es der Name vermuten lassen
mag: im Münchner Kinderschutz-Zentrum laufen keine Kinder herum. Das Zentrum ist vielmehr
ein Forschungsprojekt der päpstlichen Universität Gregoriana in Rom, der Erzdiözese
München-Freising und der Universität Ulm. Das Zentrum hat nun drei Jahre Zeit, ein
mehrsprachiges online-Lernprogramm für Kirchenmitarbeiter zu entwickeln.
Zunächst
dürfen an dem Projekt nur sogenannte „Erprobungspartner“ teilnehmen, die einen Zugang
zu der Lernumgebung im Internet erhalten. Liebhardt rechnet mit etwa 800 Nutzern
in den kommenden drei Jahren. Diese stammen aus Diözesen weltweit: Ecuador, Argentinien,
Ghana, Kenia, Indonesien, Indien, Italien und Deutschland. Die Plattform selbst ist
daher auch mehrsprachig. Insgesamt 1,2 Millionen Euro stehen Liebhardt und seinem
Team in diesen drei Jahren zur Verfügung, um das Programm zu entwickeln, die Erzdiözese
München und Freising übernimmt davon 500.000 Euro. Wenn der Testlauf erfolgreich war,
soll das E-Learing-Portal der gesamten Weltkirche zur Verfügung gestellt werden.
Die
Einrichtung wird bei einem Kongress, zu dem fast alle der 124 nationalen Bischofskonferenzen
Delegierte entsenden, Anfang Februar in Rom vorgestellt.