2012-01-19 12:34:59

Äthiopien: Land der Not, Land der Hoffnung


RealAudioMP3 Äthiopien ist ein Land der Kriege und des Mangels. Gerade erst ist es wieder durch Entführungen und Morde – darunter an einem Österreicher und zwei Deutschen – in die Schlagzeilen geraten. Ein Sprecher des österreichischen Außenministeriums sagte am Dienstagabend, dass möglicherweise zwei Gruppen mit insgesamt bis zu 22 Personen überfallen worden seien. Es gebe in der Region nicht die notwendige Infrastruktur, auch Satellitentelefone funktionierten kaum. Die Gruppe war am Dienstag im Grenzgebiet zu Eritrea überfallen worden, dort hatten sich die beiden Länder zwischen 1998 und 2000 bekämpft. Erst unlängst kam es erneut zu Spannungen, als ein UNO-Bericht Eritrea vorwarf, einen Anschlag auf eine Konferenz der Afrikanischen Union in Äthiopien geplant zu haben.

Äthiopien ist ein Land der verschiedenen Ethnien und Religionen, es ist ein Land der Gewalt, vor allem gegen Frauen. Trotzdem ist es auch ein Land der Hoffnung. Das sagt Schwester Laura Girotto. Sie ist Salesianer-Missionarin und gerade dabei, Unterstützung für eine Geburtsklinik zu sammeln, die in Äthiopien im kommenden Jahr entstehen soll. Schwester Laura erzählt von einem Land, das aus den Erfahrungen des Krieges und der Bürgerkrieges herauskomme. Man habe die Gewalt noch nicht völlig hinter sich gelassen.

„Trotzdem befindet sich Äthiopien definitiv auf dem Weg der Entwicklung und des Fortschritts. Als ich 1994 das erste Mal ins Land kam, landete ich auf einem Feld, umgeben von Kamelen und Eseln. Auch die Demokratie – wie es ein Premierminister sagte – machte erst die ersten Kinderschritte. Heute gibt es Flughäfen und Straßen, Telefon und Internet, und über 90 Prozent des Landes sind mit Elektrizität versorgt. Natürlich, ein Großteil der Bevölkerung ist nach wie vor analphabetisch. Aber besonders in der Bildung werden große Anstrengungen unternommen. Es ist ein Weg voran, wenn auch unter großen Mühen.“

Schwester Laura arbeitet in der Mission von Kidane Mehret, genau im Grenzgebiet zu Eritrea. Damit kennt sie aus eigener Ansicht die Spannungen und Konflikte dort. Trotzdem sei einiges gelungen. Es gibt soziale Zentren, selbstverständlich eine Kirche, und ein Krankenhaus ist in Bau. Unter all den Aktivitäten ragt aber besonders eine heraus, sagt Schwester Laura:

„Offensichtlich die Bildung. Bildung mit einem ganz großen B. Hier geht es um das Wachsen der ganzen Persönlichkeit, vor allem der Jugend, und das nach salesianischem Vorbild. Natürlich geht es auch um andere Aspekte und Rechte der Menschen, das Recht auf Gesundheit, das Recht auf ein Haus, das Recht auf Arbeit, das Recht der Frauen, ihre eigene Zukunft zu bestimmen und wen sie heiraten.“

Die Menschen vor Ort haben noch vor nicht langer Zeit das Leben von Wanderbauern gelebt, die Entwicklung müsse also gut begleitet werden. Dabei richteten sich die Anstrengungen nach klaren Vorgaben:

„Das alles tun wir mit großem Respekt vor den kulturellen Werten, die es auf jeden Fall zu erhalten gilt. Hier gibt es zum Beispiel die Solidarität in der Gemeinschaft, den Schutz der Kinder, den Respekt vor dem Leben und den Zusammenhalt der Familien; diese Werte müssen erhalten werden. Andere wiederum müssen wir bekämpfen. Ich erinnere an die sexuelle Verstümmelung von Frauen und die Rolle der Frau in einer Gesellschaft, in der sie nicht mitsprechen dürfen. Wir haben unsere Mission deswegen so genannt: Verkündung durch Bildung.“

Papst Benedikt XVI. habe den Bischöfen Äthiopiens und Eritreas mitgegeben, dass sie den Dialog ganz konkret leben sollen. Vor allem im humanitären Einsatz solle dies deutlich werden, für die Kranken, die Flüchtlinge, die Hungernden, die Opfer des Krieges. Dieser Ansatz werde in Äthiopien in die Praxis umgesetzt, so Schwester Laura.

„Es war eine der weisen Entscheidungen der Regierung Äthiopiens: In der Verfassung ist die Religionsfreiheit festgeschrieben, Proselytismus an öffentlichen Orten oder in Schulen ist nicht erlaubt. Privat darf jeder Mensch seiner Religion nachgehen. Für unseren missionarischen Einsatz durch Präsenz heißt das, dass wir uns um alle Nöte kümmern. Wenn ein Kranker kommt, wird er behandelt, gleich welcher Religion er angehört, Punkt. Wir kümmern uns gemeinsam um die Nöte und die Notfälle, welcher Konfession jemand angehört oder ob er islamisch ist, spielt keine Rolle.“

(rv 19.01.2012 ord)








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