2012-01-16 14:28:13

Kardinal Schönborn: „Es gibt kein Zurück“


RealAudioMP3 Die Zeit, in der die Kirche die alles bestimmende gesellschaftliche Realität war, ist heute vorbei: Wir leben „in einer Kultur der Freiheit. Und das ist sehr gut"“. Das sagte der Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn an diesem Montag. Man müsse auf die „veränderte Kirchengestalt“ reagieren, es gebe „kein Zurück zum business as usual mehr“. In Wien stellte der Kardinal weitere Schritte in der Strukturreform seines Erzbistums vor – sie solle stets unter der Vorgabe eines missionarischen Aufbruchs und neuer pastoraler Initiativen stehen. Im Dekanat Wien-Favoriten sei nur noch ein Drittel der Bevölkerung katholisch, dort - und nicht nur dort - wünscht sich Schönborn größere, aber auch „offenere“ Pfarreien „mit schlankeren Strukturen“.

Außerdem sollen kleinere christliche Gemeinschaften gefördert oder neu aufgebaut werden. Zu den Rahmenvorgaben gehören unter anderem, dass eine Pfarre zukünftig mindestens über 4.000 Katholiken verfügen müsse, fünf Prozent des Pfarrbudgets für neue Initiativen und Projekte gewidmet sein müssen, die Kosten für den Pfarrhof und das Pfarrheim nicht mehr als 20 Prozent der erwirtschafteten Einnahmen ausmachen dürfen und die Instandhaltungskosten der Sakralbauten ohne diözesane Zuschüsse auskommen können müssen. Nicht ausgeschlossen wird laut Rahmenplan auch eine alternative Nutzung von nicht erhaltbaren Kirchen.

Aufbrüche
Dabei gibt es laut Kardinal Schönborn „nicht nur Ab-, sondern auch zahlreiche Aufbrüche“ in der Diözese. So habe sich etwa die Zahl der katholischen Privatschulen seit seinem Amtsantritt im Jahr 1995 verdreifacht. Auch die Caritas sei ein starkes kirchliches Wachstumssegment - hier habe sich etwa die Zahl der Mitarbeiter in dieser Zeit verdoppelt, so der Wiener Erzbischof.

Die Pfarrer-Initiative
Nach der Bedeutung der ‚Pfarrer-Initiative’ im Blick auf den Wiener Reformprozess gefragt, sagte Kardinal Schönborn, dass prinzipiell „alle Reformbemühungen in der Kirche willkommen“ seien. Wo Menschen „Herzblut und Hirnschmalz“ in diese Reformprozesse investieren und sich darüber gegenseitig austauschen, seien sie auch willkommen.
Pastoralamtsleiterin Veronika Prüller-Jagenteufel ergänzte, dass man die Anliegen der ‚Pfarrer-Initiative’ von den laufenden diözesanen Reformprozessen trennen müsse: Die Initiative habe wichtige Themen angesprochen, die auf weltkirchlicher Ebene weiter diskutiert werden müssten – „aber wir können im diözesanen Entwicklungsprozess nicht warten, bis diese Fragen auf höchster Ebene geklärt sind“. Daher müsse nun mit den vorhandenen rechtlichen Möglichkeiten gearbeitet werden.

Kirchenfinanzierung
Auf Anfrage von Journalisten äußerte sich Kardinal Schönborn auch zur Debatte um eine mögliche Kultursteuer: „Es lohnt sich, andere Modelle der Kirchenfinanzierung zu diskutieren“, meinte er. Als einen berechtigten Aspekt dieses Vorschlags wertete er den Umstand, dass die Kirche zur Zeit selbst eine Großteil der Kulturgüter erhalte. Es sei „einfach nicht gerecht, dass die Kirche weit mehr an Mehrwertsteuer zahlt, als sie an Zuschüssen dafür bekommt“, betonte der Kardinal. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz ließ aber keine Präferenz erkennen, was eine Änderung der gegenwärtigen Kirchenfinanzierung in Österreich betrifft. Vielmehr verwies er auf die sehr unterschiedlichen Modelle, die in Europa zu Zeit bestehen und über sich die eine Diskussion lohne.

(kap 16.01.2012 sk)








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