Zum ersten Jahrestag
der Revolution in Tunesien will Präsident Moncef Marzouki mehr als tausend Gefangene
begnadigen. Vor allem alte Menschen und Jugendliche sollen anlässlich des Jahrestages
am Samstag aus der Haft entlassen werden. An diesem Samstag jährt sich erstmals der
Sturz des langjährigen Staatschefs Zine al-Abidine Ben Ali. Seit knapp zwei Jahren
ist der Jordanier Maroun Lahham katholischer Erzbischof von Tunis. Er hat den Sturz
Alis aus vorderster Front erlebt.
„Ein Jahr ist vergangen und viel hat sich
verändert. Mir haben schon viele ausländische Besucher gesagt, dass sie bei ihrer
Ankunft in Tunesien diese Änderung bei der Ankunft in dem Land gespürt haben. Die
Bürger dieses Landes fühlen sich hier frei und vor allem auch sicher. Das schöne daran
ist, dass die Tunesier im Gegensatz zu früher viel mehr miteinander sprechen. Es wird
sehr viel geschrieben, diskutiert und kritisiert. Das ist ein erfreuliches Zeichen.
Das mag paradox klingen, aber es ist schön, dass es Streiks gibt. All das war früher
unbekannt.“
Ein Jahr „Arabischer Frühling“ haben aber auch Wunden hinterlassen,
so der Erzbischof von Tunis weiter.
„Die neue Regierung muss sich mit vielen
Herausforderungen auseinandersetzen. Das größte Problem ist derzeit die Wirtschaftslage.
Das Land braucht Wachstum. Die Tunesier möchten arbeiten und hoffen, dass neue Arbeitsplätze
geschaffen werden. Vor allem im Tourismusbereich erhoffen sich viele, dass die neue
Freiheits- und Sicherheitslage viele Gäste anziehen wird. Auch als Vertreter der Kirche
und Mann des Glaubens muss ich sagen, unser Land braucht jetzt einen wirtschaftlichen
Aufschwung.“