2012-01-13 15:07:38

Österreich: Keine Angst vor theologischen Differenzen


Für einen intensiveren Dialog zwischen Christen und Muslimen in Österreich hat sich der Heiligenkreuzer Altabt Gregor Henckel-Donnersmarck bei einer Diskussion mit dem Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Fuat Sanac, in Wien ausgesprochen. Die beiden Religionsvertreter diskutierten am Donnerstagabend in der Akademie Birkbrunn. Zu diesem Dialog gehört für beide Seiten auch die Fähigkeit, Distanz in Glaubensfragen auszuhalten. Altabt Henckel-Donnersmarck sagte gegenüber Kathpress am Rande der Veranstaltung:

„Wir werden uns in theologischen Fragen nicht einigen können. Umso wichtiger ist das Gespräch der Glaubenden, um in sozialen, politischen, kulturellen, gesellschaftlichen Fragen sowie Fragen der Familie und des nachbarschaftlichen Zusammenlebens hier wirklich im Gespräch zu bleiben, damit keine Missverständnisse entstehen und sich keine Spannungen aufbauen.“

Im Mittelpunkt des Gesprächs stand auch die Bedeutung des diesjährigen 100-Jahr-Jaubiläums der staatlichen Anerkennung des Islam in Österreich im Jahr 1912. Dazu Henckel-Donnersmarck: „Der Islam ist bei uns ,daham’ – seit mehr als hundert Jahren. Und das sollte man allen, die Unsinn verbreiten, entgegenhalten.“

Dieses Bewusstsein sei nicht nur für die österreichischen Muslime wichtig, um sich in Österreich zu Hause zu fühlen. Es könne auch zu mehr gegenseitigem Respekt und zu einem besseren Dialog führen, ergänzte Sanac von der Islamischen Glaubensgemeinschaft. So erfreulich das 100-Jahr-Jubiläum grundsätzlich sei, beim entsprechenden Gesetz gebe es Reformbedarf: Es müsse den heutigen Gegebenheiten und Bedürfnissen angepasst werden, so der Muslim. Für Henckel-Donnersmarck steht fest: Die Christen können von den Muslimen viel lernen:

„Aus Sicht der Kirche muss ich sagen: Die multikulturellen Situationen in der Geschichte, die Spätantike und das Zeitalter der Entdeckungen, das waren immer die großen Chancender christlichen Mission und der Zunahme des Christentums. Und ich glaube eben auch, dass gerade die Frömmigkeit der Muslime für uns faul gewordene, lasche Katholiken ein Ansporn sein könnte und das Gespräch zwischen den Glaubenden auch uns sehr nützen könnte.“

Türkei: Appell für Wiedereröffnung des Priesterseminars auf Chalki
Thema der Veranstaltung war auch die Situation der christlichen Minderheit in der Türkei. Henckel-Donnersmarck appellierte unter anderem an die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich, sich für die Wiedereröffnung des orthodoxen Priesterseminars und der Theologischen Hochschule auf Chalki einzusetzen. Das Priesterseminar, das auf der Insel Heybeliada/Chalki im Marmarameer vor Istanbul liegt, wurde von den türkischen Behörden 1971 geschlossen. Weil das Ökumenische Patriarchat seither keine eigenen Geistlichen mehr ausbilden konnte, wird die personelle Situation der 1.700 Jahre alten Institution von Jahr zu Jahr prekärer. Sanac ließ durchblicken, dass er das Thema immer wieder auch mit türkischen Vertretern anspreche. Er wies zugleich aber darauf hin, dass es sich bei Chalki auch um ein politisches Problem zwischen der Türkei und Griechenland handle.

(kap/rv 13.01.2012 pr)









All the contents on this site are copyrighted ©.