2012-01-06 16:47:09

Ägypten: Drohgebärden überschatten koptisches Weihnachtsfest


Das koptische Weihnachtsfest steht in diesem Jahr im Zeichen der politischen Unsicherheit . Die koptisch-orthodoxe Kirche feiert nach dem Julianischen Kalender am 6. Jänner den Heiligen Abend und am 7. Jänner den Christtag. Die Feiern sind von Auseinandersetzungen und Drohgebärden überschattet, teilte der Pressedienst der Stiftung „Pro Oriente“ in Wien mit. So informierte etwa der koptisch-orthodoxe Bischof von Nag Hammadi, Kyrillos Antonios, ihm seien erneut Anschläge auf Kirchen in Nag Hammadi angedroht worden. Außerdem wurde eine Einladung des koptischen Papst-Patriarchen Shenouda III. an alle Minister und führenden Parteifunktionäre - auch die islamischen - zur Teilnahme an der Heilig-Abend-Liturgie in der Kairoer Markuskathedrale abschlägig beschieden. Es sei verboten, an christlichen Gottesdiensten teilzunehmen, jede Religion solle ihre Feste „allein feiern, ohne Vermischung der Religionen“, hieß es etwa in Presseerklärungen seitens der muslimischen Funktionäre.

Auf die Absagen haben mittlerweile wiederum koptische Organisationen wie die koptische Jugendorganisation „Maspero Youth Coalition“ reagiert. Man sei ebenfalls gegen die Einladung islamistischer Funktionäre zu den Weihnachtsmessen, da „deren Hände mit dem Blut aufrechter Bürger befleckt“ seien. Die jungen Kopten nehmen insbesondere daran Anstoß, dass sich wegen der Ereignisse vom 9. Oktober 2011 auf dem Maspero-Platz, bei denen 27 Christen getötet wurden, jetzt nur drei einfache Soldaten vor einem Militärgericht wegen „Totschlags“ verantworten müssen. Es sei notwendig, auch die Offiziere, die das Kommando hatten, zur Verantwortung zu ziehen. Das gleiche gelte für die Hintermänner des Anschlags auf die Al Kissidine-Kirche in Alexandrien in der Silvesternacht 2010/2011, bei dem 23 Christen getötet wurden. Unter den Kopten mehren sich auch die Stimmen, die Kritik an der Ankündigung der Muslimbrüder und der Salafisten üben, wonach sich diese zu Weihnachten am Schutz der Kirchen beteiligen wollen.

Wachsende Unruhe in Nag Hammadi

Die Stadt Nag Hammadi war bereits in der Vergangenheit ein besonders gefährdeter Ort: So wurden am 6. Jänner 2010 etwa sechs junge Kopten getötet und weitere 15 verletzt, als Unbekannte das Feuer auf die Kirchgänger nach dem Ende der Mitternachtsmesse eröffneten. Weiter kam es im Vorjahr allein zwischen August und Dezember in Nag Hammadi zu elf Entführungen von Christen. Nur in vier der elf Fälle kamen die Opfer ohne hohe Lösegeldzahlungen wieder in Freiheit. Die Ergreifung der Täter lasse - trotz eindeutiger Hinweise - bislang auf sich warten, so „Pro Oriente“.

Unter den Christen - die 30 Prozent der 40.000 Bewohner der Stadt Nag Hammadi stellen - wächst daher die Unruhe. Die zumeist von Christen betriebenen Geschäfte der Stadt am Nil waren früher immer bis nach Mitternacht offen, in den letzten Wochen werden sie schon vor 19 Uhr geschlossen, weil die Besitzer mit Einbruch der Dämmerung Überfälle befürchten. Der Schutz von Leben und Eigentum der Christen durch die Sicherheitsorgane sei im Vergleich zur Mubarak-Ära noch nachlässiger geworden.

(kap 06.01.2012 pr)








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