Das koptische Weihnachtsfest steht in diesem Jahr im Zeichen der politischen Unsicherheit
. Die koptisch-orthodoxe Kirche feiert nach dem Julianischen Kalender am 6. Jänner
den Heiligen Abend und am 7. Jänner den Christtag. Die Feiern sind von Auseinandersetzungen
und Drohgebärden überschattet, teilte der Pressedienst der Stiftung „Pro Oriente“
in Wien mit. So informierte etwa der koptisch-orthodoxe Bischof von Nag Hammadi, Kyrillos
Antonios, ihm seien erneut Anschläge auf Kirchen in Nag Hammadi angedroht worden.
Außerdem wurde eine Einladung des koptischen Papst-Patriarchen Shenouda III. an alle
Minister und führenden Parteifunktionäre - auch die islamischen - zur Teilnahme an
der Heilig-Abend-Liturgie in der Kairoer Markuskathedrale abschlägig beschieden. Es
sei verboten, an christlichen Gottesdiensten teilzunehmen, jede Religion solle ihre
Feste „allein feiern, ohne Vermischung der Religionen“, hieß es etwa in Presseerklärungen
seitens der muslimischen Funktionäre.
Auf die Absagen haben mittlerweile wiederum
koptische Organisationen wie die koptische Jugendorganisation „Maspero Youth Coalition“
reagiert. Man sei ebenfalls gegen die Einladung islamistischer Funktionäre zu den
Weihnachtsmessen, da „deren Hände mit dem Blut aufrechter Bürger befleckt“ seien.
Die jungen Kopten nehmen insbesondere daran Anstoß, dass sich wegen der Ereignisse
vom 9. Oktober 2011 auf dem Maspero-Platz, bei denen 27 Christen getötet wurden, jetzt
nur drei einfache Soldaten vor einem Militärgericht wegen „Totschlags“ verantworten
müssen. Es sei notwendig, auch die Offiziere, die das Kommando hatten, zur Verantwortung
zu ziehen. Das gleiche gelte für die Hintermänner des Anschlags auf die Al Kissidine-Kirche
in Alexandrien in der Silvesternacht 2010/2011, bei dem 23 Christen getötet wurden.
Unter den Kopten mehren sich auch die Stimmen, die Kritik an der Ankündigung der Muslimbrüder
und der Salafisten üben, wonach sich diese zu Weihnachten am Schutz der Kirchen beteiligen
wollen.
Wachsende Unruhe in Nag Hammadi
Die Stadt Nag
Hammadi war bereits in der Vergangenheit ein besonders gefährdeter Ort: So wurden
am 6. Jänner 2010 etwa sechs junge Kopten getötet und weitere 15 verletzt, als Unbekannte
das Feuer auf die Kirchgänger nach dem Ende der Mitternachtsmesse eröffneten. Weiter
kam es im Vorjahr allein zwischen August und Dezember in Nag Hammadi zu elf Entführungen
von Christen. Nur in vier der elf Fälle kamen die Opfer ohne hohe Lösegeldzahlungen
wieder in Freiheit. Die Ergreifung der Täter lasse - trotz eindeutiger Hinweise -
bislang auf sich warten, so „Pro Oriente“.
Unter den Christen - die 30 Prozent
der 40.000 Bewohner der Stadt Nag Hammadi stellen - wächst daher die Unruhe. Die zumeist
von Christen betriebenen Geschäfte der Stadt am Nil waren früher immer bis nach Mitternacht
offen, in den letzten Wochen werden sie schon vor 19 Uhr geschlossen, weil die Besitzer
mit Einbruch der Dämmerung Überfälle befürchten. Der Schutz von Leben und Eigentum
der Christen durch die Sicherheitsorgane sei im Vergleich zur Mubarak-Ära noch nachlässiger
geworden.