Jahresrückblick: Kardinal Marx warnt vor Rechtspopulismus
Der Erzbischof von München ist besorgt über den drohenden Rückfall in nationalistisches
Gerede. Bei seinem Jahresrückblick vor Journalisten sagte Kardinal Reinhard Marx,
dass populistische Äußerungen ihm zunehmend Sorge bereiteten. Es gebe eine Radikalisierung,
die zeige, dass unser Niveau von Zivilisation prekär sein. Es gelte, die Balance eines
gemeinsamen Wertefundamentes zu finden, ohne in einen Staat oder auch eine Kirche
abzugleiten, der vorschreibe, was man zu denken habe.
„Es geht nur der Weg
der Bildung und – wie es der Papst im Bundestag genannt hat – den Weg des Vertrauens
in die Vernunft des Menschen, dass er das Gute vom Bösen unterscheiden kann. Man muss
aber auch die Vorstufen sehen, die vielleicht nicht so leicht zu erkennen sind, zum
Beispiel das Spiel mit einer Renationalisierung von Ideen und die Sprache der rechts-
und manchmal auch linksgedrehten Pololismen. Wir als Kirche wollen eine
universale Botschaft, für uns gibt es keine Ausländer, sonder nur Menschen. ‚Wir und
die anderen’: Wer so redet, ist schon auf dem falschen Dampfer“.
Wenn die
Krise in Europa größer werde, könne er sich durchaus einen Rückfall in den Nationalismus
vorstellen, so Marx. Er ist Vorsitzende der Kommission für gesellschaftliche und soziale
Fragen in der Deutschen Bischofskonferenz. Der Münchner Erzbischof wies bei seiner
Jahresbilanz zudem den Vorwurf zurück, das Schicksal der mehr als 6.000 Beschäftigten
des „Weltbild“-Verlags bei dem anstehenden Verkauf der Verlagsgruppe interessiere
ihn nicht.
„Ich bin fest entschlossen und willens, die Verantwortung wahrzunehmen.
Mir ist das nicht gleichgültig. Das ist eine ganz wichtige Verpflichtung, die wir
haben und ich bin fest entschlossen, diese Verantwortung nicht abzuschieben. Das will
ich den Mitarbeitern ausdrücklich vor Weihnachten noch sagen.“
Innerkirchlich
bewege ihn besonders die Frage nach der „wahren Reform“, sagte Marx im Presseclub.
„Die einen sagen, die Kirche sei erst dann richtig Kirche, wenn sie bei
allem bleibt, was sie immer gesagt hat. Die anderen meinen, die Kirche solle ich anpassen.
Wichtiger ist, dass wir uns innerhalb der Kirche in einer Atmosphäre der Geschwisterlichkeit
und Offenheit konzentrieren auf das, was uns Gott in dieser Stunde sagen will. Unser
Auftrag ist ja nicht, zu überleben, sondern davon Zeugnis abzulegen, was uns geschenkt
wurde. Das muss in die Mitte kommen, nicht die Kirche darf im Mittelpunkt stehen.
Dass wir uns im Institutionellen und in der Frage, wie wir uns wie wir heute sagen
in einer modernen Gesellschaft aufstellen, auch immer wieder ändern müssen, das ist
für mich unbestritten.“