Kardinal Christoph
Schönborn setzt auf einen „Neustart” in der Kirche. In der gegenwärtigen Umbruchssituation
von einer Volkskirche hin zu einer Entscheidungskirche überzeugter Christen seien
bereits erste Anzeichen einer neuen Gestalt der Kirche wahrnehmbar, so Schönborn im
Gespräch mit „Kathpress” und Medien der Erzdiözese Wien. Der Wiener Erzbischof verwies
dabei auf den Reformkurs der Erzdiözese, der auch international beachtet werde und
von einer missionarischen Grundhaltung geprägt sei. Mit Blick auf die Pfarrer-Initiative
stellte der Kardinal erneut fest, dass auch er die aufgeworfenen Probleme sehe, jedoch
für andere Lösungswege sei. Angesichts großer Sorgen und Verunsicherungen bei vielen
Menschen heute erinnerte der Kardinal an den Kern der Weihnachtsbotschaft, die Hoffnung
gebe.
Gründe zur Hoffnung Trotz aller Sorgen wolle er den
Menschen zu Weihnachten Mut und Hoffnung machen, so der Kardinal. Auch die Menschwerdung
Gottes sei in einer schwierigen Zeit in schwierige soziale Verhältnisse hinein erfolgt.
Trotzdem würden diese Probleme von der Botschaft der großen Freude überstrahlt. So
wolle er gerade zu Weihnachten den Menschen die Gegenwart Gottes ans Herz legen und
sagen: „Es gibt viele Gründe zur Sorge aber es gibt noch viel mehr Gründe zur Hoffnung.”
Zum innerkirchlichen „Gegenwind” empfahl der Wiener Erzbischof eine „sportliche
Haltung“: „Ohne Wind kann man nicht segeln, beim Gegenwind muss man die Segel ein
wenig umstellen, dass er kreativ oder beflügelnd wirkt.” Schwierigkeiten seien grundsätzlich
nicht das Problem, vielmehr gehe es um den richtigen Umgang damit. Er wolle die von
kirchlichen Gruppen wie der Pfarrerinitiative angesprochenen pastoralen Probleme nicht
leugnen, so Schönborn, diese seien „real”. Er sei aber persönlich davon überzeugt,
dass die angesprochenen Probleme anders zu lösen seien als dies etwa die Pfarrer-Initiative
will. Der Kardinal plädierte erneut für „gangbare Lösungen” im Rahmen der Weltkirche.
Man solle auch genau auf das hinschauen, was in den Ortskirche „schon geschieht und
was auch getan werden kann”.
Ärgerlicher Schaden für die Kirche Gleichzeitig
müsse man auch sehen, dass die Pfarrer-Initiative mit ihrem „Aufruf zum Ungehorsam”
der katholischen Kirche in Österreich „innerhalb der katholischen Milieus weltweit
geschadet” habe. International seien nur die negativen Schlagzeilen hängen geblieben,
dass die Kirche in Österreich in der Krise stecke bzw. vor einer Spaltung stehe.
Das
sei besonders ärgerlich, weil es ja auch einige ermutigende innerkirchliche Initiativen
gebe, so der Wiener Erzbischof, etwa den in der Erzdiözese Wien gestarteten Reformprozess.
Sowohl der Hirtenbrief als auch der gesamte Reformprozess hätten internationale Beachtung
gefunden, besonders auch in Deutschland, so der Kardinal.
In drei Projektgruppen
werde derzeit gearbeitet. Allem zugrunde liege die Frage, „was bedeutet es heute,
Christ zu sein und bei Jesus in die Lebensschule zu gehen?” Die erste Projektgruppe
arbeite an diesem Projekt der „Jüngerschule”. Zentral bei deren Überlegungen sei eine
missionarische Haltung: „Zur eigenen Überzeugung stehen und sie in offener Weise anderen
anzubieten ist etwas ganz Selbstverständliches”, so Schönborn wörtlich. Mission gehöre
zum „Grundauftrag der Kirche”.
Notwendige Veränderungen Die
zweite Projektgruppe beschäftige sich mit Strukturfragen, legte Schönborn weiter dar:
„Wir haben heute genauso viele Pfarren in Wien bzw. sogar einige mehr als vor 50 Jahren.
Zugleich hat sich die Katholikenzahl halbiert. Da ist allen klar, dass es Veränderungen
geben muss”. Welche, werde derzeit erarbeitet. Die dritte Projektgruppe beschäftige
sich schließlich mit Ressourcenfragen. Es gehe darum, wie die begrenzten und zurückgehenden
personellen und finanziellen Ressourcen am sinnvollsten eingesetzt werden können,
so dass auch Platz für Neues möglich ist. Die Erzdiözese habe dabei einen enormen
Vorteil etwa im Vergleich zum Staat, so Schönborn: „Wir sind schuldenfrei.”
Schließlich
gebe es auch genug konkrete Hoffnungszeichen für die Kirche. Als ein Beispiel erwähnte
der Kardinal das „Jungfamilientreffen” vom Juli im oststeirischen Pöllau: Hier habe
man die „Kirche der Zukunft” spüren können: „Junge Familien, die mit Mut und Zuversicht
ihr Ja zu Kindern und zum Glauben leben.”
Angesprochen auf die kommende Seligsprechung
am 29. Jänner 2012 der Gründerin der Caritas Socialis, Hildegard Burjan, in Wien sagte
der Kardinal, dass dies ein ganz starkes Zeichen für die Katholiken in Österreich
sei. Burjan sei Vorbild als Frau, Christin, Parlamentarierin, als Gründerin einer
Ordensgemeinschaft und im Einsatz gegen soziale Nöte.