2011-12-22 13:53:44

Italien: Weniger Flüchtlinge aus Nordafrika


RealAudioMP3 Keine frohe Weihnacht auf Lampedusa: Eine „Bombe, die kurz vor der Explosion steht“, so beschreibt ein Sprecher der sizilianischen Gesundheitsbehörde die Lage auf der Flüchtlingsinsel. 6.200 Migranten meist aus Tunesien und Libyen befinden sich derzeit auf Lampedusa. Dennoch hat ihre Zahl in den vergangenen Monaten abgenommen. Christopher Hein, Direktor des italienischen Flüchtlingszentrums und Berater am päpstlichen Migrantenrat, sieht mehrere Ursachen für die Tendenz.

„Einer der Gründe ist eine Stabilisierung der inneren Situation in Tunesien, auch eine Wiederaufleben des Polizei- und Sicherheitsapparates, der einige Monate praktisch inaktiv gewesen ist. Dazu gehören auch die bilateralen Abkommen, die Italien mit Tunesien getroffen hat. Die italienische Politik hat die Tunesier, die nach dem 5. April gekommen sind, zurückgeschickt.“

Trotz der abnehmenden Zahlen gibt es eine neue Gruppe an Flüchtlingen, Afrikaner aus Subsahara-Staaten, die während des Bürgerkriegs in Libyen als Söldner Ghaddafis angesehen wurden – zu Unrecht, wie Hein sagt. Die meisten dieser 30.000 Flüchtlinge, die heute in Italien sind, hatten zuvor schon lange in Libyen als Migranten gelebt, bevor sie im Kampf zwischen Rebellen und Ghaddafi-Getreuen zwischen die Fronten gerieten. Italien nahm sie vorübergehend in ein Asylverfahren auf.

„Und jetzt ist die Frage, wie es weitergeht, denn viele kommen aus Ländern, in denen es keine Verfolgungsgefahr oder Bürgerkrieg gibt. Sie sind aus Libyen geflohen, aber nicht unbedingt aus ihren Herkunftsländern. Viele können aus ökonomischen Gründen nicht in ihre Herkunftsländer zurück, haben auch keine Ausweispapiere, werden auch häufig nicht von den entsprechenden Konsulaten und Botschaften anerkannt. Und da ist jetzt unser Vorschlag, ihnen verschiedene Optionen zu geben, unter anderem auch die Option freiwillig nach Libyen zurückzukehren, sowie sich in Libyen die Lage stabilisiert hat, und in der Zwischenzeit einen Rechtsschutz in Italien zu bekommen.“

An die neue Regierung Italiens richten sich viele Erwartungen, auch was die Flüchtlingspolitik angeht. So gibt es ein neues Ministerium für Integration, das der Sant´Egidio-Gründer Andrea Riccardi leitet, Italiens berühmtester katholischer Laie. Hein möchte die Schaffung des Ressorts aber nicht überbewertet sehen.

„Wir sind sehr froh, dass es dieses Ministerium gibt, das ist ein politisches Zeichen, dass die neue Regierung etwas für Integration tun will. Aber ich erwarte mir operativ nicht so viel davon: Es ist ein Ministerium ohne Budget, das, bisher jedenfalls, keine klaren Kompetenzen hat. Alles, was das Asylverfahren betrifft, ist nach wie vor in den Händen des Innenministeriums. Und insofern denke ich nicht, dass sich jetzt sofort etwas an der Situation ändern wird."

(rv 22.12.2011 sl)








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