War es Unrecht oder
war es keines? Sollen wir von Rücktritt sprechen oder nicht? Die Meinungen über das
Verhalten des deutschen Bundespräsidenten Christian Wulff sind geteilt und das gilt
für das vergangene wie für das zukünftige Verhalten. Insgesamt sechsmal habe er bei
vermögenden Bekannten Urlaub gemacht, außerdem habe er noch als Ministerpräsident
Niedersachsens einen Privatkredit von einer halben Million Euro aufgenommen und verschwiegen.
Das Domradio in Köln hat den Sozialethiker Peter Schallenberg um eine Bewertung gebeten.
„Ganz
penibel gesprochen, ist ihm da kein Vorwurf zu machen. Zumal das Ganze ja noch vor
Inkrafttreten des Ministergesetzes stattgefunden hat. Aber es ist zumindest ein Schatten,
so dass man sagen kann: Er hat sich um eine klare und deutliche Aussage herumgewunden.“
Durch
seinen Anwalt sucht Wulff nun die Öffentlichkeit, er will zeigen, dass diese privaten
Urlaube und Kredite nichts Geschäftliches an sich hatten und dass er Privates und
öffentliches Amt nicht vermischt habe. Der Direktor der Katholischen Sozialwissenschaftlichen
Zentralstelle in Mönchengladbach sieht den Bedarf nach dieser Öffentlichkeit, es dürfe
nicht der Hauch einer Abhängigkeit oder Vorteilsnahme entstehen.
„Deswegen
reagiert die Öffentlichkeit auch so empfindlich - ohne dass wir jetzt hier zu Gericht
über Personen oder persönliche Angelegenheiten sitzen. Aber wenn es zu solchen Interessensvermengungen
kommt, sind wir heutzutage sehr aufmerksam. Ich finde, mit Recht.“
Schallenberg
sieht zwei Elemente bei den Vorwürfen, zum einen die notwendige Aufklärung und die
Frage, ob es rechtliche Verstöße gab. Im Augenblick scheine es die nicht zu geben.
Dann gibt es auch die Frage, ob der Bundespräsident das durchstehen will, die Frage
nach seiner Glaubwürdigkeit und persönlichen Integrität, gerade auch mit Blick auf
die anstehende Weihnachtsansprache.
„Will er im Amt bleiben und weiterhin
Ansprachen über Integrität und Moralität halten? Und jeder weiß, er ist zumindest
in einer Grauzone gewesen. Das ist das eigentliche Problem dabei. Ich würde das Amt
jetzt nicht einfach behandeln wie einen Sommermantel, den man beim ersten scharfen
Wind auszieht und an den Garderobenhaken hängt. Es gab immer in der Geschichte der
Bundesrepublik Vorwürfe, Krisen und Schwierigkeiten. Fast bei jedem Bundespräsidenten.
Ich würde sagen: Das Amt ist stark unter Beobachtung, der Amtsinhaber ist stark unter
Beobachtung. Das ist in einer Demokratie ganz normal. Und dem muss man auch standhalten
können.“