Papst im Gefängnis: „Auch über mich redet man schlecht“
Benedikt XVI. hat
bei seinem Besuch in dem römischen Gefängnis auf Fragen der Inhaftierten geantwortet.
Der Papst sprach dabei frei, nur die Fragen selber waren ihm vorher zur Kenntnis gebracht
worden. Ein Ausschnitt aus dem Gespräch:
Alberto: „Ich heiße Alberto.
Heiligkeit, Kommt es Ihnen gerecht vor, dass ich nach und nach alle meine Familienangehörigen
verloren habe und dass mir nun, da ich ein neuer Mensch bin, denn ich bin seit zwei
Monaten Vater eines wundervollen Mädchens, Gaia heißt sie, dass mir nicht die Möglichkeit
eingeräumt wird, nach Hause zu gehen, obwohl ich doch reichlich meine Schuld gegenüber
der Gesellschaft bezahlt habe?“
Papst Benedikt XVI.: „Zunächst einmal
herzlichen Glückwunsch! Ich freue mich, dass Sie Vater sind und dass Sie sich als
einen neuen Menschen bezeichnen und dass sie eine wundervolle Tochter haben. Das ist
ein Geschenk Gottes. Ich kenne natürlich nicht die Einzelheiten ihres Falls.
Aber ich hoffe mit Ihnen, dass sie so bald wie möglich zu Ihrer Familie zurückkehren
können. Sie wissen, für die Lehre der Kirche ist die Familie fundamental. Es ist wichtig,
dass der Vater seine Tochter in seinen Armen halten kann. Und so bete ich darum, dass
Sie bald ihre Tochter umarmen und mit Ihrer Frau zusammen sein können, um eine schöne
Familie aufzubauen und so an der Zukunft Italiens mitzuwirken.“
Federico: „Heiligkeit,
ich bin Federico, ich spreche für die Gefangene auf G14, der Krankenabteilung. Was
können Häftlinge, Kranke und Aidsinfizierte vom Papst erbitten? Dass er für sie betet?
... Wir sind gefallen und haben dem Nächsten Schlechtes getan, aber wird sind dabei
wieder aufzustehen. Man spricht zu wenig von uns, manchmal in einer so abschätzigen
Weise, als wolle man uns aus der Gesellschaft eliminieren. Wir kommen uns dabei als
Unmenschen vor. Sie sind Papst für alle, unser Papst, und wir bitten Sie, dass uns
neben der Freiheit nicht auch noch die Würde geraubt wird; damit wir nicht einfach
nur weggesperrt werden. Ihre Präsenz hier ist für uns eine große Ehre. Allen unsere
herzlichsten Glückwünsche für ein gesegnetes Weihnachtsfest.“
Benedikt
XVI.: „Ja, sie haben wirklich denkwürdige Worte gesprochen. Wir sind gefallen
und wir sind hier, um wieder aufzustehen: das ist wichtig, Mut haben wieder aufzustehen
und weiterzugehen mit der Hilfe des Herrn und mit Hilfe der Freunde. Sie haben auch
gesagt, dass abschätzig über sie gesprochen wird. Leider ist das wahr. Aber, ich würde
sagen, es gibt auch andere Stimmen, die gut von euch denken und sprechen. Ich denke
an meine kleine päpstliche Familie. Ich bin umgegeben von vier Laienschwestern, und
wir sprechen oft über dieses Problem. Sie haben Freunde in verschiedenen Gefängnissen
und wir bekommen auch Geschenke von ihnen und wir senden ihnen auch Geschenke. Diese
Realität ist in meiner Familie sehr präsent, und ich denke auch in vielen anderen.
Wir müssen ertragen, dass andere schlecht von uns sprechen, man spricht auch sehr
abschätzig über den Papst und doch, wir gehen weiter… Mir scheint es wichtig,
dazu zu animieren, dass man gut über euch denkt, dass man ein Gespür für euer Leid
bekommt, dass man in diesem Prozess des Wiederaufstehens hilft. Und sagen wir: Ich
werde meinen Teil dazu beitragen, dass alle in rechter Weise und nicht abschätzig
denken, eben menschlich! Denn jeder kann fallen, aber Gott will, dass wir zu ihm kommen.
... Wenn wir daran glauben, dass Gott immer bei uns ist, dann gewinnen auch dunkle
Seiten unseres Lebens ihren Sinn, damit wir mehr zu uns selber kommen, also zu Kindern
Gottes werden, die von Gott geschaffen sind. Und dass wir auch wenn es schwierig ist
darüber glücklich sind. Der Herr wird Euch dazu helfen, und wir stehen an eurer Seite!“
Zum
Abschluss der etwa einstündigen Begegnung betete der Papst gemeinsam mit den Häftlingen
das Vaterunser und segnete einen Zypressenbaum, der zur Erinnerung an seinen Besuch
gepflanzt worden war. Ein Häftling überreichte ihm einen selbst gebackenen Weihnachtskuchen
aus der Gefängnisbäckerei. Es war der zweite Gefängnisbesuch des Papstes nach dem
Besuch eines römischen Jugendgefängnisses im März 2007. Im Gefängnis von Rebibbia
war für mehrere Jahre auch der Papstattentäter Ali Agca inhaftiert, der im Mai 1981
Johannes Paul II. mit mehreren Schüssen auf dem Petersplatz schwer verletzt hatte.