Aktenzeichen: Carl Lampert – Selig, die um meinetwillen verfolgt werden
„Wüsste ich
nicht, dass es in unserer Zeit um mehr als ein persönliches Schicksal geht, so müßte
ich verzweifeln ob all dem allseitigen Zusammenbruch, in den ich ‘hineingetappt’ bin,
fast zwangsläufig, und glauben, Gott wolle meinen Untergang ! Das Schwerste
ist mir, dass so viele meinetwegen im Leid sein müssen, und ich wollte im Leben den
Menschen doch nur Freude bereiten! Es ist im Leben solch harter Zeiten verhängnisvoll,
mehr dem Herzen als dem Verstand zu folgen” (Notschrei Dr. Carl Lamperts vor
seiner Hinrichtung am 10. April 1944)
Wir blenden zurück: am 13. November 2011,
dem Tag der Seligsprechung des Märtyrerpriesters Carl Lambert hat Papst Benedikt XVI.
an die Glaubensstärke und den Mut des österreichischen Geistlichen erinnert. Lampert
wurde am 13. November 1944 in Halle an der Saale von den Nationalsozialisten hingerichtet.
Er war 50 Jahre alt. Den Pilgern sagte der Papst nach dem Angelus-Gebet auf dem Petersplatz:
„Besonders
verbinde ich mich mit den Gläubigen, die heute Nachmittag an der Seligsprechung des
Märtyrerpriesters Carl Lampert in Dornbirn teilnehmen. In der dunklen Zeit des Nationalsozialismus
ist an ihm das Wort des heiligen Paulus deutlich geworden: ,Wir gehören nicht der
Nacht und nicht der Finsternis' (1 Thess 5,5). In einem Verhör, das ihm die Freiheit
in Aussicht stellte, konnte er voll Überzeugung bekennen: ,Ich liebe meine Kirche.
Ich bleibe meiner Kirche treu und auch dem Priesteramt. Ich stehe für Christus und
liebe seine Kirche.' Vertrauen wir uns der Fürsprache des neuen Seligen an, damit
wir wie er einmal ganz teilnehmen dürfen an der Freude seines Herrn.“
Genau
67 Jahre nach seiner Hinrichtung durch die Nationalsozialisten sprach die katholische
Kirche am 13. November dieses Jahres Carl Lampert selig. In Vertretung von Papst Benedikt
XVI. leitete der Präfekt der vatikanischen Selig-und Heiligsprechungskongregation,
Kardinal Angelo Amato, die Feier in der Pfarrkirche St. Martin in Dornbirn. Im Gedenken
an den neuen Seligen läuteten die Kirchenglocken in ganz Vorarlberg und an seinem
Todesort im deutschen Halle an der Saale 15 Minuten lang. Wer war Dr. Carl Lampert?
Er
war der ranghöchste Priester Österreichs, der von den Nationalsozialisten ermordet
wurde. 1894 in Göfis in Vorarlberg geboren, studierte er in Brixen und wurde dort
von Bischof Franz Egger zum Priester geweiht. Nach 12 Jahren als Kaplan in Dornbirn
ging Lampert 1930 zum Kirchenrechtsstudium nach Rom. Er wohnte im Kolleg der ‚Anima’.
Er war neben seinem Studium an der Gregoriana, das er als Rota-Advocatus abschloss,
auch als Sekretär des römischen Büros der deutschen und österreichischen Diözesen
tätig. 1935 übernahm Lampert den Aufbau des kirchlichen Gerichts in der Apostolischen
Administratur Innsbruck-Feldkirch, bevor er als Stellvertreter von Bischof Paulus
Rusch zum Innsbrucker Provikar ernannt wurde.
Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten
sah sich auch die Kirche in Tirol und Vorarlberg repressiven Maßnahmen ausgesetzt.
Provikar Lampert protestierte bei der Gestapo, wenn Priester und Ordensleute drangsaliert
und eingesperrt wurden.
Entscheidend für das Schicksal Dr. Lamperts war schließlich
sein Eintreten für Otto Neururer. Der 1996 seliggesprochene Pfarrer von Götzens wurde
1940 im Konzentrationslager Buchenwald – unter grausamsten Folterungen und an den
Füßen aufgehängt – ermordet. Weil ihn die Nationalsozialisten jetzt als ‚gefährlichsten
Mann innerhalb des Klerus’ identifiziert hatten, begann für Provikar Lampert im Juli
1940 das Martyrium. Er verbrachte ein Jahr in den beiden Konzentrationslagern Dachau
und Sachsenhausen-Oranienburg sowie in drei Gefängnissen von Gestapo und Wehrmacht.
Danach wurde er nach Stettin an der Ostsee verbannt. Durch einen Spitzel wurde der
Provikar in eine angebliche Spionage Affäre verwickelt, verhaftet, schwer misshandelt.
Zum Tode verurteilt und in Halle an der Saale enthauptet. Vier Jahre nach seiner Hinrichtung
wurde seine Urne nach Vorarlberg gebracht, sie ist heute in der Pfarrkirche seines
Heimatortes Göfis beigesetzt.
Der Innsbrucker Bischof Manfred Scheurer, der
beim Seligsprechungs -Gottesdienst die Predigt hielt, bezeichntete Carl Lampert als
einen Mann von Recht und Gerechtigkeit und zugleich als einen zutiefst gläubigen Menschen.
„’Lampert
ist Anwalt der Schwachen und Opfer gewesen wie auch des öffentlichen Rechts und der
Rechtsstellung der Kirche. Auch heute müssen sich die Christen der Frage stellen:
wie bringen wir unsere Stimme zur Geltung für Kleine und Schwache, für das Leben,
für Gerechtigkeit und Menschenwürde”.
Der Feldkircher Bischof Elmar Fischer
hofft, dass von der Seligsprechung vor allem auch Impulse für junge Menschen ausgehen.
„Lampert
hat vorgelebt, was einen echten christlichen Menschen ausmacht, der nicht unreflektiert
im Zeitgeist lebt, sondern sich seine eigenen Gedanken macht und bis zum äußersten
Widerstand bereit ist, wenn nötig”.
Je mehr er sich mit der Person von
Carl Lambert beschäftigt habe, desto faszinierender sei sie für ihn geworden; Das
betonte der St. Pöltner Bischof Klaus Küng, der den Seligsprechungsprozess vor 13
Jahren eingeleitet hat. Beeindruckt zeigte sich Küng vor allem von den Briefen Lamperts,
die dieser unmittelbar vor seinem Tod geschrieben hatte.
„Dies sind ein
bewegendes Zeugnis des Glaubens, ein Zeugnis, das auch in unserer Zeit große Aktualität
hat”.
Wir schließen diese Sendung, verehrte Hörerinnen und Hörer, mit dem
ergreifenden Abschieds - Brief, den Dr. Carl Lambert wenige Stunden vor dem Märtyrertod
– an seinen Bruder Julius Lampert aus seiner Todeszelle in Halle geschrieben hat.
Lieber,
lieber guter Bruder!
Nun ist die Stunde gekommen, - die „so schmerzliche“ für
Dich und alle meine Lieben, die „erlösende“ für mich! Der Kreuzweg geht nun zur
letzten Station. „Tenebrae factae sunt – sed dies albescit – in Te Domine speravi,
alleluja – so hoffe ich, wird es nun kommen.
Nun sage ich mein letztes Lebewohl
Dir, mein bester Julius, Du warst mir ein guter treuer Bruder, es tut mir so weh,
dass ich Dir diesen Schmerz bereiten muss.
Gott segne und schütze Dich und
Deine ganze mir so liebe Familie, Anna, Rosina, Karl, Josefina, Julius, Theodor, Luzia,
Kurt und Adelheid, ebenso Lena, Xaver und die Seinen, von Herzen umarme und segne
ich Dich und alle;
Vergelt’s Gott für alle Liebe, Sorge und Last und Wiedersehen
im himmlischen Vaterhaus. Ich bin nun recht arm, kann dir nichts mehr schenken,
als meine treue Bruderliebe und Sorge über das Grab hinaus, denn die Liebe stirbt
nicht, und ich trage sie zum Quell der Liebe, zu Gott, und dort wird sie nur noch
inniger, reiner, fester und hilfreicher – und dann erst recht! Julius, erst recht
selig und froh!
Sei nicht traurig – es ist ja nur Übergang – und ich darf nun
vor Dir zum Vater im Himmel, zum lieben Jesus, zur lieben Mutter Gottes, zu all unseren
lieben Angehörigen, Freunden und Nachbarn.
Grüß mir zum letzten Mal meinen
lieben Osky und die ganze Pfarrgemeinde, ich werden niemanden vergessen – allen, allen
Helfern mein innigstes Vergeltsgott!
Oh, wie bin ich froh, dass endlich ein
Ende kommt von all dem harten Leid - - und nun geht’s heim – und bleibe doch bei Euch.
Lebt wohl, wohl, wohl! Auf Wiedersehen! Von Herzen grüßt Dich für immer Dein Carl! Wie
viel möchte ich noch schreiben.