Kardinal Koch über die Herausforderungen der Ökumene
Eine Flugreise mit
dem Heiligen Geist als Pilot, bei der man hofft, dass das Flugzeug sicher landet:
So bezeichnet Kardinal Kurt Koch den ökumenischen Dialog. Der Präsident des Päpstlichen
Einheitsrates hielt am Donnerstagabend bei einer Veranstaltung in Rom einen Vortrag
über die Arbeit seines Rates. Der Schweizer Kurienkardinal sieht in den letzten Jahren
viele Veränderungen und Herausforderungen in der Ökumene.
„Wir haben beispielsweise
in verschiedenen Kirchen eine neue Rückbesinnung auf ihre eigene konfessionelle Identität.
Das kann ein großer Vorteil sein, weil man eine klare Identität haben muss, um im
Dialog zu sein. Es kann aber auch sein, dass man sich von der Ökumene ein bisschen
entfernt. Eine zweite Herausforderung ist, dass das eigentliche Ziel der Ökumene immer
undeutlicher wird. Wir haben verschiedene Konzeptionen von der Einheit, aber wie haben
kein gemeinsames Ziel. Und das macht es schwierig. Wir können ja nicht nach dem Motto
des Wiener Komikers Qualtinger handeln ‚Ich weiß zwar nicht wohin ich will, aber dafür
bin ich schneller dort’, sondern wir müssen neu suchen, was das eigentliche Ziel ist.
Und der Grund, weshalb wir kein gemeinsames Ziel haben, ist eigentlich weil jede Kirche
ihre eigene Vorstellung von der Einheit ihrer Kirche hat und darum ist ein notwendig,
dass wir uns darauf besinnen, was eigentlich das Wesen der Kirche ist.“
Eine
dritte Herausforderung seien die neuen Gesprächspartner der katholischen Kirche in
der Ökumene, so Kardinal Koch.
„Wir haben ein ganz starkes Anwachsen von
pentekostalischen Bewegungen. Das ist eine neue Realität in der ganzen Welt, die fast
die zweitgrößte Bewegung nach der katholischen Kirche ist. Man muss eigentlich von
einer Pentekostalisierung der Ökumene reden. Und das sind ganz neue Herausforderungen.
Und eine vierte Veränderung ist, dass heute zwischen den Kirchen vor allem ethische
Fragen kontrovers sind und dass man auch den Dialog über diese ethischen Fragen stellen
muss. Und ich denke, die meisten ethischen Fragen haben es mit dem Menschenbild zu
tun, sodass wir vor der Herausforderung stehen, eine gemeinsame ökumenische Anthropologie,
also eine Lehre vom Menschen zu entwickeln.“
Ökumenische Gespräche auf
nationaler Ebene, wie beim jüngsten Besuch einer Delegation der Deutschen Bischofskonferenz
in Moskau betrachtet Kardinal Koch positiv:
„Die sind sicher sehr gut, weil
wir vom Einheitsrat nur Weltebene handeln können. Viele Fragen stellen sich aber regional
und da ist es ganz gut, wenn Bischofskonferenzen oder Delegationen in intensiven Kontakt
mit einzelnen anderen Kirchen stehen. Ich kann das nur begrüßen und befürworten.“
Ebenso
haben nach Ansicht des Schweizer Kardinals gemeinsame christliche Feiertage, wie das
anstehende Weihnachtsfest, große Bedeutung für die Ökumene:
„Die Ökumene
steht und fällt damit, dass wir und auf das Kerngeheimnis zurückbesinnen, das uns
ja gemeinsam ist und das vertiefen. Und Weihnachten, die Menschwerdung Gottes, ist
dieses Kerngeheimnis des christlichen Glaubens. Und je näher wir in der Mitte des
Glaubens zusammenrücken und uns zusammenfinden, umso näher werden wir auch gemeinsam
zu einander kommen.“