Politikwissenschaftler: „Islamismus und Demokratie vertragen sich nicht“
Sehr skeptisch zur
politischen Entwicklung im Nahen Osten hat sich der deutsche Politikwissenschaftler
Bassam Tibi geäußert. Bei einem Vortrag am Dienstagabend warnte er in Wien die westlichen
Staaten davor, die Scharia in ihre jeweilige Politik einfließen zu lassen. Das wäre
das Ende Europas, so Tibi.
„Die Muslimbrüder und die Organisation „Milli
Görüs“ haben im Westen bereits gut ausgebildete Netzwerke und sind mit den gesetzlichen
Gegebenheiten bestens vertraut. Mit Islamisten gibt es keinen Dialog. Islamismus und
Demokratie vertragen sich nicht.“
Die Aufstände in der arabischen Welt
seien anfangs nicht islamistisch geprägt gewesen. Es seien auch Kräfte am Werk gewesen,
„die wirklich Demokratie und Freiheit wollten“. Doch, sehe es jetzt so aus, dass der
Arabische Frühling „keine Demokratie“, und der folgende Scharia-Staat „nichts Positives
hervorbringen“ werde. Der auf den Arabischen Frühling folgende Winter werde „sehr
frostig“ werden.
„Es fehlen im Nahen Osten schlicht die geschichtlich gewachsenen
Voraussetzungen für eine demokratische Gesellschaft. Demokratisches Bewusstsein bedeutet
u.a., dass man bereit sein müsse, mit anderen die eigene Macht zu teilen und zugleich
auch Minderheiten entsprechend zu schützen. Demokratie heißt nicht: Herrschaft der
Mehrheit.“
Der Politikwissenschaftler syrischer Herkunft hatte erst vor
wenigen Monaten eine ernüchternde Bilanz seines Bemühens gezogen, einen modernen europäischen
Islam zu schaffen. Er habe für sein Anliegen Anhänger gefunden, und sie hätten voriges
Jahr in Deutschland eine Bewegung gegründet: den Verband europäisch-demokratischer
Muslime, sagte Tibi in einem Interview der „Kleinen Zeitung“:
„Aber ich
muss offen sagen, dass Islamisten in Europa, auch hier bei Ihnen in Österreich, stärker
sind als wir.“