Elfenbeinküste: Angst vor Gewalt sitzt noch in den Knochen
Die Parlamentswahlen
in Elfenbeinküste sind am vergangenen Sonntag im Großen und Ganzen ruhig verlaufen.
Allerdings: Auch acht Monate nach Ende des blutigen Machtkampfes zwischen den Politikern
Laurent Gbagbo und Alassane Outtara, bei dem zahlreiche Zivilisten ihr Leben verloren,
kann von Normalität in Elfenbeinküste immer noch keine Rede sein. Für die brauche
es vor allem Versöhnung, erinnert der italienischstämmige Don-Orione-Missionar Antonio
Mussi im Interview mit Radio Vatikan. Er leitet eine Pfarrei in Bonoua, 55 Kilometer
vom Regierungssitz Abidjan entfernt. Die Angst vor neuer Gewalt wie im Chaos der Präsidentschaftswahlen
sitzt den Menschen auch bei diesen Wahlen noch in den Knochen, so der Missionar:
„Die
Stimmung ist ziemlich angespannt. Die Leute sind am Sonntag nicht gerade in Scharen
wählen gegangen, wohl aus verschiedenen Gründen: das soziale Klima ist nach den Präsidentschaftswahlen
von 2010 immer schlechter geworden. Die Rede war zwar dann von Versöhnung, aber die
hat noch nicht begonnen. Und die Menschen haben Angst, dass es wieder zu Unruhen,
Bombenanschlägen und Morden kommt, wie es dieses Jahr um Ostern herum geschah.“
Die
Gesundheitsversorgung und Ausbildung in Elfenbeinküste seien mangelhaft, viele Familien
könnten sich Schulbücher und Essen schlichtweg nicht leisten. Der Lebensstandard der
Menschen habe sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich abgesenkt, berichtet Don
Mussi weiter, seit sechs Jahren hält er sich schon in Elfenbeinküste auf. Doch trotz
bitterer Not brauche es zuallererst Versöhnung und Frieden – ohne die sei an einen
gemeinsamen Neubeginn nicht zu denken:
„Zur Versöhnung braucht es Ehrlichkeit,
und die fehlt. Man muss das Unrecht und das Töten auf der einen wie anderen Seite
anerkennen, um dann Verantwortung zu übernehmen, auch wenn sie oft sehr schwerwiegend
ist. Von dort muss man ausgehen, um neu aufzubauen. Ich denke, es fehlt dieses ,mea
culpa‘ auf beiden Seiten und vor allem in aller Ehrlichkeit.“
Der Don Orione-Orden
ist seit 40 Jahren in Elfenbeinküste tätig. Er setzt sich neben der Armutsbekämpfung
und Pastoral unter anderem für behinderte Menschen und im Gesundheitsbereich ein.
(rv 13.12.2011 pr)